Bankkunden haben immer mehr Möglichkeiten, Geld auszugeben. Gleichzeitig stagnieren jedoch die Einnahmen. Das schafft eine Menge ganz eigene Problemstellungen. Doch können Banken hier helfen?
Allzu sparsame Menschen mag kein Banker gerne. Denn sie sind diejenigen, die nichts einbringen, dafür aber Zinsen einfordern. Allerdings scheint der sparsame Mensch gerade ein Auslaufmodell zu sein – aus vielfältigen Gründen, von denen jeder seine eigenen Probleme auch für die Bankenwirtschaft mitbringt.
Materialismus als Sündenbock
Dieser erste Punkt klingt dabei zunächst wie das klassische Draufschlagen auf den „bösen Kapitalismus“ – eigentlich nichts, was man vonseiten der Finanzwelt erwarten sollte. Doch die Sachlage ist etwas anders und die Banken trifft dabei kaum eine Schuld – insgesamt steigt nämlich das weltweite Vermögen beständig an.
Einer der wichtigsten Gründe dafür ist folgender. Die derzeitige Konsumwelt rotiert sich nicht nur heiß, sie ist weißglühend. Jahr für Jahr kommen neue Produkte hinzu, welche sich direkt an den Endverbraucher richten. Entgegen zu früheren Zeiten geben sie sich nicht nur als Kaufoption, sondern als Must-Have – einige davon sind es wirklich, andere jedoch auch nur ein Hype.
Der heutige Konsument in Form des Otto Normalverbrauchers hat mit vier Problemen zu kämpfen:
- Es gibt generell eine viel größere Bandbreite an Produkten aller Art, für die er Geld ausgeben kann
- Einige, wenngleich nicht alle davon sind Dinge, denen er sich nicht verweigern kann, ohne Nachteile im Alltag zu erfahren
- Die Lebenszyklen dieser Produkte, besonders im Bereich der Elektronik, sind durch die sehr rasante Entwicklung vergleichsweise kurz. Dahinter verbirgt sich ein Druck zu regelmäßigen Neukäufen in verhältnismäßig kurzen Abständen
- Obgleich viele Produkte durch die Masse in tiefere Preisregionen rutschen, sieht es bei anderen (namentlich Smartphones) genau umgekehrt aus. Hier steigen die Durchschnittspreise seit Jahren
Das wäre an sich kein Problem, wenn die Liquidität der Normalverbraucher in gleichem Maß steigen würde. Doch das tut sie nicht. Faktisch war die Reallohnentwicklung seit 1990 negativ; in einem Artikel von 2010 kolportierte der Spiegel gar, dass sie um 50 Prozent gesunken sei.
Ergo: der heutige Verbraucher hat mehr Produkte, für die er Geld ausgeben kann, mehr Produkte, für die er es tun muss, aber dazu schon qua Reallöhnen weniger frei verfügbares Einkommen – verschärft dadurch, dass die Lebenshaltungskosten, allem voran die Wohnkosten, stark anstiegen.
Da verwundert es auch nicht, dass immer mehr Menschen auf einem Überschuldungskarussell festsitzen und damit an den Bankberater herantreten, in der Hoffnung, durch eine der Möglichkeiten des Umschichtens die Belastung etwas zu lindern. Manchmal hilft es. In vielen anderen Fällen kommt es jedoch zum Offenbarungseid – von den knapp sieben Millionen Schuldnern in Deutschland gingen allein 2016 gut 100.000 in die Privatinsolvenz – Tendenz steigend.
Den Überblick verloren
Von den oben genannten sieben Millionen Schuldnern sind viele ohne Eigenverschulden dort hineingeraten – ob durch Krankheit, Jobverlust oder andere „höhere Gewalten“. Ein nicht gerade kleiner Teil ist jedoch im klassischen Sinn „selbst schuld“. Und dabei sind Banken – vielleicht, teilweise – nicht ganz unschuldig.
Denn im Rennen um mehr Kunden werden natürlich die Zahlungsmethoden immer ausgefeilter und vielfältiger. Aus der sowieso schon komfortablen Girocard wird gerade das als enorm zukunftsträchtig geltende kontaktlose Zahlen. Das Home-Banking ersetzt den Gang zum Schalter. In die Lücken drängen immer mehr private Zahlungsdienstleister à la PayPal. Abgerundet wird die Gleichung dadurch, dass es derzeit praktisch nichts mehr gibt, was man nicht online kaufen kann. Es stehen also heute enorm viele Möglichkeiten offen, die in Punkt 1 genannten Produkte auf vielfältigste Weise zu bezahlen.
Natürlich steht vonseiten der Institute, welche an solchen Zahlungsmethoden feilen, Transparenz an allererster Stelle – jeder Kunde kann jederzeit einen genauen Einblick auf seine Zahlungsverläufe bekommen. Allerdings ist das für ihn oftmals ein typischer Fall von „Die Botschaft hör‘ ich wohl…“. Denn kaum jemand nutzt diese Transparenz-Angebote so umfangreich, dass er solche Übersicht über seine Ausgaben hat, als würde er einen Blick ins Portemonnaie werfen und seine Papiergeldbestände zählen.
Im Gegenteil. Selbst ohne maximal verantwortungsloses Verhalten ist es ein Leichtes, sich zu verzetteln: Hier zahlt man im Geschäft per EC-Karte mit Unterschrift – die Abbuchung erfolgt also nicht wie bei der PIN-Eingabe direkt, sondern teils um einige Tage zeitverzögert. Anschließend bestellt man etwas bei Amazon – wo man seine Girokontendaten hinterlegt hat. Vervollkommnet wird das Ganze durch einen weiteren Onlinekauf per Kreditkarte, die maximal erst einen Monat später abgebucht wird und vielleicht noch per NFC mit dem Handy. Und egal wie transparent man in jede dieser Zahlungsmethoden Einblick haben kann, es ist ob der schieren Masse einfach sehr leicht, den Überblick zu verlieren und ins Minus zu rutschen – mit ein Grund dafür, warum Banken heute mehr denn je ein Wegweiser sein müssen.
Natürlich, so könnte man jetzt argumentieren, müssten einfach mehr Verbraucher einfach nur sämtliche Ausgaben in ein „kleines, schwarzes Buch“ eintragen. Doch das Problem daran ist, dass vielen Menschen heute weder zuhause noch in der Schule solche simplen Haushalte-Tricks beigebracht werden. Übrigens ebenfalls wieder ein Argument dafür, warum Banken Wegweiser sein müssen.
Spekuliere, wer kann
Die Nullzinspolitik hat zweifelsohne eine Menge Vorteile und für die EU einen guten Aufschwung der Wirtschaft gebracht. Naturgemäß ging das jedoch zulasten eines Personenkreises: all jener, die nicht jeden zur Verfügung stehenden Euro ausgeben möchten, sondern es vorziehen, es auf die berühmte hohe Kante zu legen – die ganz normalen Sparer, von denen es in Deutschland nach wie vor eine Menge gibt.
Es ist hinlänglich bekannt, dass die Nullzinspolitik auf sämtliche „Normalverbraucher-Sparmethoden“ die gleiche Wirkung entfaltete, wie ein Torpedo auf ein Tankschiff. Sparbücher bringen abhängig vom Institut nur noch irgendetwas um Bereich von Nullkomma per Anno an Zinsen – wo die aktuelle Inflationsrate bei 2,2 Prozent liegt. Ähnlich sieht es bei Tagesgeld- und Festgeldkonten aus und auch der gute alte Bausparvertrag ist nicht mehr das, was er einst war.
Die einfachen Sparmethoden sind also heutzutage praktisch immer ein Verlustgeschäft. Gleichzeitig ist jedoch der Sparwille im Volk ungebrochen. Genau darin verbirgt sich allerdings ein großes Problem. Denn auf der Suche nach zumindest halbwegs passablen Renditen werden dadurch heute auch solche Finanzprodukte für Laien interessant, die eigentlich ob ihres Konglomerats an benötigtem Wissen, Risiken usw. eher etwas für Profis sind.
Wer sich morgens an eine Bushaltestelle stellt, bekommt mit, wie ganz normale Verbraucher über Trading, Indizes und Futures diskutieren, wie ihre Vorfahren über PS-Zahlen. Social Trading verspricht, die Profitricks ohne Risiken dem Anfänger zu offenbaren. Und kaum ein TV-Werbeblock vergeht, ohne dass dort irgendwelche Anlagemethoden offeriert werden – und sei es bloß Gold. Natürlich gibt es auch innerhalb dieses Bereiches durchaus sichere und laientaugliche Methoden. Viel häufiger sind es jedoch Dinge, die zumindest eine sehr gute fachmännische Beratung erfordern – Banken und Sparkassen liefern diese. Allerdings ziehen es viele Kunden, nicht zuletzt dank der von der Werbung suggerierten Kinderleichtigkeit, vor, die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Dass dabei grobe Fehler begangen werden, dass nicht gestreut wird, ist nur das logische Ergebnis und lässt sich am ehesten mit einem Flugsimulator-Spieler vergleichen, der glaubt, er könne dank dieses Wissens einen A380 fliegen.
Was das für Banken und Sparkassen bedeutet
Für eine einzelne Bank mögen es wenige Großkunden sein, welche die Majorität der Geldgeschäfte bedeuten. Doch die große Masse der kleinen Kunden steht vor sehr vielen Problemen. Die heutige Finanzwelt verlangt ob ihrer Vielfalt viel mehr Wissen. Und das können nur Banken liefern. Der kleine Sparer mag vielleicht nicht die Hauptsäule eines Instituts sein. Mit Sicherheit ist er jedoch ein großer Entscheider über Image-Wohl und Wehe. Schon aus Eigennutz müssen wir ihn an die Hand nehmen. Müssen erklären, informieren, transparent durchleuchten – und vielleicht auch mal sagen „Vorsicht, das ist etwas riskant“.