Für Banken und Kreditinstitute, die mit SAP-Systemen arbeiten und dies auch zukünftig planen, stellt sich zwangsläufig die Frage, wann und wie die Umstellung auf SAP S/4HANA stattfinden soll. Der Readiness Check 2.0 der SAP SE gibt Antwort darauf.
Die SAP SE gibt Anwendern mit dem SAP S/4HANA Readiness Check 2.0 ein Werkzeug an die Hand, das sich als sehr sinnvoll und hilfreich erweist. Für einen SAP-System-Fachexperten einfach in der Handhabung, liefert es äußerst aussagekräftige und nützliche Informationen, um die Konvertierung erfolgreich zu planen. Erfahrungsgemäß lässt sich der Readiness Check mit dem Einspielen der notwendigen Software und der Durchführung von zwei Programmläufen in einer einstelligen Zahl an Personentagen erledigen.
Doch wann ist eine Bank bereit dafür und welche Hausaufgaben sind vor, während, aber auch nach der Konvertierung zu erledigen? Im Folgenden eine kurze Darstellung des Tools und fünf wichtige Lessons Learned aus dem praktischen Einsatz bei einer Großbank in Deutschland.
Für wen und warum der Readiness Check?
Der S/4HANA Readiness Check ist uneingeschränkt für alle Banken und Kreditinstitute empfehlenswert. Er sollte so früh wie möglich durchgeführt und etwa halbjährlich wiederholt werden, gemäß dem Rhythmus neuer SAP S/4HANA Releases bzw. von SAP eingespielter Änderungen.
Da sich Banken und Kreditinstitute bei der Konvertierung auf S/4HANA in der Regel für den Brownfield-Ansatz entscheiden, ist es wichtig zu prüfen, wie „ready“ die bestehende Anwendungslandschaft für die Umstellung ist. Im Gegensatz zum Greenfield-Ansatz (Start auf der grünen Wiese, umfassender Umbau bzw. Neuaufbau der IT-Systeme verbunden mit unbekannten Risiken und Gefahren für die laufenden Geschäftsprozesse) kommt es mittels Upgrade der Software zu einer automatischen Konvertierung der Daten während der Umstellung auf S/4HANA. Damit diese reibungslos läuft, müssen im Vorfeld alle möglichen Fehlerquellen identifiziert, analysiert und behoben werden.
Die beiden Programmläufe, die in der SAP-Systemlandschaft durchzuführen sind, erzeugen zwei Dateien, die abschließend innerhalb des SAP ONE Support Launchpads (ehemals OSS) im Readiness-Check-Tool hochgeladen werden müssen, um ein übersichtliches Dashboard zu erhalten.
Der Readiness Check nimmt dabei die verwendeten Geschäftsprozesse, den Source Code und die Datenbank ins Visier. Er schafft einen Überblick über den individuellen Systemstatus und liefert Ergebnisse bzw. Hinweise, welche Komponenten nicht S/4HANA-fähig sind und wann und wie reagiert werden muss. Er schätzt die Größe einer Datenbank (Datenbanksizing), gibt Hinweis wie die Datenbank aussehen müsste und macht Vorschläge, an welchen Stellen Daten gelöscht werden können.
Am Ende des Readiness Checks steht ein detailliertes, sehr gut aufbereitetes und aussagekräftiges Ergebnisdokument inklusive Dashboards. Die Aufgaben, die bei der S/4HANA-Einführung, vor, während und nach der Konvertierung zu erledigen sind, werden dabei in den Kategorien obligatorisch, bedingt und optional klassifiziert.
5 Leassons Learned aus dem Readiness Check bei einer Großbank in Deutschland
Die folgenden fünf Empfehlungen basieren auf den Erfahrungen aus dem praktischen Einsatz bei einer Großbank in Deutschland.
1. Entfall der Objekt- und Sicherheitenverwaltung in SAP CML
Das wichtigste Ergebnis des Readiness Check bei Banken und Kreditinstituten, die SAP CML zur Darlehensverwaltung einsetzen, ist der Entfall der Objekt- und Sicherheitenverwaltung in SAP CML bei der Umstellung auf S/4HANA. Hierfür muss die Bank vor der Konvertierung SAP CMS einführen und die SAP CML-Objekte und -Sicherheiten dorthin migrieren. Der Aufwand lohnt sich: Aufgrund der ausgeprägteren Prozesssicht und einer enthaltenen Prozesssteuerung ist SAP CMS für die Abbildung der Geschäftsprozesse wesentlich besser. Außerdem sind die Möglichkeiten der Sicherheitenabbildung (z.B. Abbildung von Schiffs- und Flugzeugsicherheiten) vielfältiger und detaillierter (genaue Spezifikation von Rangfolgen und -klassen). Mittels SAP CMS lassen sich ebenfalls externe Systeme an die Sicherheitenverwaltung anbinden.
2. Integration von Geschäftspartnern
Bisher ist es in den SAP-Systemen bis auf Ausnahmen möglich, einen Kreditor oder Debitor auch ohne einen korrespondieren Geschäftspartner einschließlich all seiner Rollen zu führen. Der Readiness Check ergibt, dass dies in S/4HANA nicht mehr durchführbar ist. Jedem Kreditor und Debitor muss ein Geschäftspartner zugeordnet sein. Bankkunden mussten auch in der Vergangenheit immer schon einen Geschäftspartner als Pendant haben. Betroffen sind in Banken und Kreditinstituten aber beispielsweise Kreditoren wie Lieferanten oder auch die vollständige Synchronisation bzw. das Synchronisations-Customizing des Geschäftspartners mit dem Debitor. Die Integration muss während der Konvertierung auf S/4HANA erfolgen und gehört mit zum Einführungsprojekt.
3. Custom Code Check für kundeneigene Entwicklungen
Wie die SAP-Anwendungen sind auch die Eigenentwicklungen der Bank auf ihre S/4HANA-Fähigkeit zu prüfen. Der Readiness Check gibt Auskunft darüber, ob kundenindividuelle Entwicklungen von der Umstellung auf S/4HANA betroffen und welche Vereinfachungselemente relevant sind. Für die detaillierte Untersuchung empfiehlt sich dann die Komponente SAP ATC (Automated Test Cockpit). Die Analyse ist aufwendig, aber unabdingbar. Gerade in der Bankenlandschaft, die durch kundenindividuelle Entwicklungen geprägt ist. Der Aufwand ist schwer zu quantifizieren, geht aber über den einstelligen Bereich von Personentagen hinaus. Für den Custom Code Check notwendig ist das Basissystem SAP NetWeaver 7.52 (Minimalrelease ist 7.51) und das Hochladen der Vereinfachungsdatenbank in das SAP NetWeaver-System.
Das Tool liefert nach dem Check sogenannte „Findings“, d.h. konkrete Code-Stellen, die vor der Umstellung auf S/4HANA zu prüfen sind und es liefert entsprechende „Anweisungen“, was zu tun ist. Es handelt sich dabei um ganz genau Angaben, in welchem Programm welche Codezeile betroffen ist.
Der Custom Code Check bietet zusammengefasst zwei entscheidende Vorteile: Zum einen gibt er einen ersten Stand der S/4HANA Readiness der Eigenentwicklungen aus; zum anderen wird frühzeitig weiteres inkompatibles Coding in der zukünftigen SAP-Anpassungen vermieden.
4. Empfehlenswerte Datenarchivierung
Häufiges Ergebnis des Readiness Check bei Banken und Kreditinstituten ist, dass die Datenvolumina für die Überführung in das neue SAP S/4HANA-System zu groß sind. Daher werden verschiedene Maßnahmen vorgeschlagen. Bei technischen Tabellen ist es möglich, Daten zu reorganisieren, bei fachlichen Daten ist deren Archivierung vor der Konvertierung sehr empfehlenswert. Hierdurch werden auch schon im SAP ERP 6.0 Performancevorteile erzielt, ohne dass der Zugriff auf die archivierten Daten verloren geht.
5. Fehlende Unterstützung für LSMW
Bei der Legacy System Migration Workbench (LSMW) handelt es sich um eine SAP-Komponente zur Migration von Altdaten aus Fremdsystemen auf dem PC und dem Applikationsserver in SAP-Anwendungen. LSMW unterstützt die einmalige Übernahme von Daten (Initial Data Load) und mit Einschränkungen permanente Schnittstellen. Der Readiness Check zeigt, dass LSMW in S/4HANA nicht mehr unterstützt wird. SAP nennt als eine Alternative für die einmalige Übernahme von Daten die Rapid Data Migration. innobis empfiehlt eine frühzeitige Evaluierung mit dem Ziel, ein geeignetes Framework für die benötigten Zwecke zu finden.
Readiness Check ermöglicht sichere Umstellung auf SAP S/4HANA
Die Erfahrungen von innobis aus der Praxis sprechen eindeutig für den Readiness Check. Dem Aufwand für dessen Durchführung steht ein enormer Nutzen für die Banken oder das Kreditinstitut gegenüber. Auf dem Weg zu einer möglichst reibungslosen Umstellung auf SAP S/4HANA liefert er im Vorfeld entscheidenden Hinweise und gibt Planungssicherheit.
Alexandra Finke ist Koautorin und ist im Bereich Öffentlichkeitsarbeit für die innobis AG tätig. Sie betreut bereits seit 1997 zahlreiche IT-Unternehmen im Rahmen der Unternehmenskommunikation.