Holacracy soll Unternehmensführung agiler machen, um Komplexität besser verarbeiten zu können. Stefan Kühl zeigt in seinem Buch „Schattenorganisation“ Fallen bei der Umsetzung und dass Managementmoden immer mehr versprechen, als sie halten können.
Das Holacracy-Konzept verspricht, dass bei der Arbeit nur noch die Fähigkeiten zählen und nicht mehr die persönliche Identität. Es handelt sich um einen innovativen Ansatz zur Neugestaltung von Unternehmen, der in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit erhalten hat.
Holokratie als neuer Managementansatz
Das Ziel von Holacracy ist, den Traum von sinnstiftender Arbeit zu verwirklichen. Das Konzept strebt danach, alle Rollen in einem Unternehmen so präzise zu definieren und zu formulieren, dass Hierarchien und Abteilungen überflüssig werden. Das zugrunde liegende Motto lautet: Mitarbeiter folgen Regeln und erhalten mehr Verantwortung, während sich der Chef im Hintergrund hält.
Holakratische Organisationen möchten damit vermeiden, in den Sackgassen zu landen, in die traditionell geführte Unternehmen oft geraten. Sie haben u.a. folgende Ziele:
- Aufbrechen von Abteilungsgrenzen,
- Aufweichen von Hierarchien,
- Überwindung von Bürokratisierung und Silodenken,
- Ermöglichung ständiger Anpassung an Veränderungen,
- Vermeidung endloser Diskussionen.
Obwohl diese Ideen an sich nicht völlig neu sind, war es neu, ein vollständiges Managementsystem darauf aufzubauen.
Hyperformalisierung statt Agilität
Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft nach Ansicht von Stefan Kühl jedoch eine entscheidende Lücke. Er warnt vor einer möglichen Hyperformalisierung, die sich in agilen Organisationen entwickeln kann. Um Hierarchien abzubauen und Abteilungsgrenzen zu lockern, werden in solchen Organisationen in bisher unbekanntem Maße formale Rollenbeschreibungen erstellt. Es sei keine Seltenheit, dass diese Beschreibungen 30 bis 40 Seiten umfassen. Darüber hinaus passen Mitarbeiter kontinuierlich ihre Erwartungen an ihre Rollen an, um flexibel auf Veränderungen reagieren zu können.
Diese Überbetonung der Formalisierung führt zu einer Reihe unerwünschter Nebeneffekte, welche die Organisationen behindern können. Um handlungsfähig zu bleiben, bilden holakratische Organisationen Schattenhierarchien und -abteilungen, wie Kühl anhand zahlreicher Beispiele belegt.
Schattenhierarchie und Schattenstrukturen
Holakratische Organisationen beanspruchen für sich, Machtkämpfe, Klüngelei und undurchsichtigen Informationsfluss abgeschafft zu haben. In der Praxis entstünden jedoch Schattenstrukturen, die herkömmlichen Abteilungen ähneln.
Zudem neigten holakratische Organisationen dazu, ständig neue Kreise, Rollen und Aufgaben zu schaffen, um flexibler auf veränderte Umweltbedingungen reagieren zu können. Allerdings werden diese selten wieder abgeschafft, obwohl die Mitarbeiterzahl gleich bleibt. Das führt zu einer zunehmenden Anzahl formaler Regeln, die letztendlich nicht wirklich umgesetzt werden. Der Autor warnt davor, dass Mitarbeiter am Ende nur noch nach den Vorgaben der Holakratie handeln, ohne wirklich dahinterzustehen.
Je mehr Transparenz in einer Organisation gefordert wird, desto mehr Anstrengungen gibt es, sich zu verstecken. Letztendlich erkennt man, dass Abteilungen und Hierarchien durchaus ihre Vorteile haben: Sie helfen den Mitgliedern einer Organisation, sich auf Teilziele zu konzentrieren und schnelle Entscheidungen zu treffen.
Über den Autor Stefan Kühl
Stefan Kühl ist Professor für Soziologie an der Universität Bielefeld. Außerdem arbeitet er als Organisationsberater der Firma Metaplan. Er ist Autor mehrerer Bücher, darunter Brauchbare Illegalität, Sisyphos im Management und Das Regenmacher-Phänomen.
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