Sechs Handlungsschwerpunkte für Vermögensverwalter

Chancen für Veränderung nach COVID-19

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Die Auswirkungen der COVID-19-Krise hält die Finanzwelt in Atem. Um die negativen Auswirkungen so gering wie möglich zu halten, müssen Vermögensberater jetzt auf das neue Kundenverhalten reagieren und dabei sechs Handlungsschwerpunkte beachten.

Handlungsempfehlungen für Private Banking in Zeiten der Corona-Krise

Handlungsschwerpunkte für Vermögensverwalter in Zeiten der Corona-Krise.

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Es ist damit zu rechnen, dass die makroökonomischen Auswirkungen der Corona-Krise erheblich sein werden, denn sowohl der Konsum als auch die Investitionstätigkeiten sind rückläufig. Mit einer allmählichen Erholung des Wirtschaftswachstums und der Kapitalmärkte ist frühestens ab dem dritten Quartal 2020 zu rechnen. „Bumerangeffekte“ stellen sich, wenn überhaupt, erst Ende 2021 ein. Es ist zu erwarten, dass die führenden Wealth Manager, bei entsprechender Fokussierung der Investitionen, bis Ende 2021 wieder auf das betriebswirtschaftliche Ergebnisniveau von 2019 kommen können.

Im Private Banking ist aufgrund der Marktbewertung und -entwicklung eine Abnahme des verwalteten Vermögens um fünf bis zehn Prozent zu erwarten, was zusammen mit einer verhaltenen Transaktionstätigkeit im zweiten Halbjahr 2020 zu einem Rückgang der Einnahmen um 15 bis 30 Prozent führen könnte.

Darüber hinaus sorgt die Krise für eine außergewöhnlich hohe Marktvolatilität und Überbewertung, niedrige Zinsen und eingeschränkte Liquidität der Anleger. Das alles hat erhebliche Auswirkungen auf das Kundenverhalten und die internen Geschäftsprozesse der Banken und Vermögensverwaltungen. Grund genug, um sich neu aufzustellen, Investitionen mit Fokus auf die Kundenbedürfnisse zu beschleunigen und auf die veränderten Marktgegebenheiten zu reagieren.

Kundenorientierte Prozesse stärken

Die Anleger sind verunsichert. Aus diesem Grund sollten Vermögensverwalter zunächst ihr Augenmerk auf die Bereiche Kundengewinnung und-betreuung, die eigene Beratungsleistung und ihr Produktportfolio legen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt jetzt mehr denn je darin, das Vertrauen der Kunden zu gewinnen beziehungsweise zu behalten – dafür ist zunächst der Aufbau einer starken persönlichen Kundenbeziehung wichtig. Dazu muss für den Kunden ein Zugang zu integrierten Bankdienstleistungen geschaffen werden – überall, jederzeit und über mehrere Kanäle hinweg verfügbar. Außerdem sollten Kundenbetreuer ihre Mandanten kontinuierlich in den Beratungsprozess einbeziehen, um individuelle Erwartungen frühzeitig zu erkennen und ein Verständnis der Risiko- und Ertragsabwägungen sowie der Investitionsstruktur zu vermitteln.

Eine datengestützte, interaktive Beratung, die auf die persönlichen aktuellen Bedürfnisse und Anlageziele der Kunden zugeschnitten ist, wird von den Kunden inzwischen vorausgesetzt. Dies hat sich durch die COVID-19-Krise noch einmal verstärkt. Die Unternehmen sollten daher jetzt die Gelegenheit nutzen, ihr Produktportfolio kritisch zu hinterfragen, es den Kundenwünschen entsprechend neu auszurichten und über digitale Kanäle zugänglich zu machen.

Bankinterne Geschäftsprozesse anpassen

Nicht nur die kundenorientierten, auch die internen Geschäftsprozesse wie Vermögens- und Kreditmanagement, Betriebs- und Risikomanagement sowie die Arbeitsorganisation müssen der neuen Situation angepasst werden. Dazu gehören unter anderem die Entwicklung von Analysekompetenzen, der Aufbau belastbarer und skalierbarer Prozesse zur Bewältigung von Nachfragespitzen, die Gewährleistung von Remotezugriffen auf die IT-Systeme, der Aufbau wirksamer Cybersecurity- und Datenschutzmaßnahmen sowie die Einrichtung flexibler Arbeitsumgebungen.

6 wichtige Handlungsbereiche im Private Banking

Damit dies gelingt und Wettbewerbsvorteile, Kundensegmente und neue Chancen im Private Banking gewonnen werden können, sollten sich Vermögensverwalter jetzt auf sechs Bereiche konzentrieren:

  1. Kundengewinnung und –betreuung,
  2. Vermögensplanung und –beratung,
  3. Produktangebot,
  4. Vermögensverwaltung und Kreditmanagement,
  5. Betriebs- und Risikomanagement sowie
  6. Arbeitsorganisation.

1. Kundengewinnung und -betreuung

Die gesamte Begleitung des Kunden, vom Onboarding bis zu einer 360-Grad-Echtzeit-Portfolioansicht, muss digital abgebildet werden, um das Kundenerlebnis zu verbessern. Dazu gehört auch der Einsatz von Analytics, um mit einer personalisierten Kundenansprache Vertrauen aufzubauen. Die Optimierung der Servicequalität durch mehr Komfort und Benutzerfreundlichkeit muss im Vordergrund stehen. Es müssen die Investitionen priorisiert werden, die Kollaborationen unterstützen und zunehmend durch innovative Technologien, wie beispielsweise künstliche Intelligenz, die Kundenerfahrung und deren Engagement erhöhen.

2. Vermögensplanung und -beratung

Die Kundenberatung muss stärker personalisiert, auf das individuelle Anlageportfolio und die Risikotoleranz des Kunden abgestimmt werden. Ein Beschleuniger kann das hybride Beratungsmodell sein, also die Optimierung des Personal- und Technologiemixes zur Verbesserung der Skalierbarkeit der Beratungsdienste. Technologie muss auch bei der Interaktion mit dem Kunden eingesetzt werden, bietet dies doch eines der wichtigsten Differenzierungsmerkmale am Markt.

3. Produktangebot

Um auf veränderte Kundenbedürfnisse zu reagieren und zusätzliche Einnahmequellen zu generieren, lohnt sich die Entwicklung des Anlageportfolios, einschließlich Optionen zur Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen wie Corona-Kredite, handelsbasierter Angebote und verantwortungsvoller Produkte wie ESG-Investments (aus dem Englischen für Environmental, Social and Governance). Dabei sollten Vermögensverwalter auch der veränderten Bedeutung verschiedener Branchen nach der Krise Rechnung tragen und über die Erweiterung des Portfolios mit Investitionen in stabile Branchen mit neuer Attraktivität, zum Beispiel Technologie, Nachhaltigkeit und Gesundheit, nachdenken. Dazu gehört auch die Chancenverwertung im Angesicht der Branchenkonsolidierung. Hier können Rentabilitätsgewinne für Kunden realisiert werden, indem man beispielsweise FinTech-Unternehmen mit anderen Marktplayern in einem Ökosystem verbindet.

4. Vermögensverwaltung und Kreditmanagement

Frühzeitige Prognosen unterstützen dabei, den richtigen Zeitpunkt für Veränderungen im Anlageportfolio sowie für Reinvestitionen zu finden. Das erhöht nicht nur den Wettbewerbsvorteil. Mit Hilfe vorausschauender Analysen lassen sich zudem drohende Krisen frühzeitig erkennen. Vermögensverwalter sollten dabei ihre Portfolio-Analysen genau strukturieren, Margin Calls priorisieren und ihre Bücher auf Bulk-Positionen hin untersuchen. Außerdem sollten sie für ein schnelleres Empfangen und Weiterleiten von Geldern auf durchgehende Datenverarbeitung (STP) umstellen, um gescheiterte Geschäfte aufgrund verspäteter Lieferung von Wertpapieren durch die Gegenparteien zu vermeiden.

5. Betriebs- und Risikomanagement

Automatisierungslösungen wie robotergesteuerte Prozessautomatisierung (RPA) erleichtern es Kosten zu sparen und zu skalieren. Gleichzeitig sollten Vermögensverwalter ihre IT-Infrastruktur überarbeiten, um so die Sicherheit und die Funktionsfähigkeit der Systeme zu gewährleisten. Dafür müssen die IT-Kapazitäten erhöht, die Bereitstellung von Informationszugriffen von außen ermöglicht und die Unternehmensarchitektur entwirrt werden. Auch Cyberabwehrmaßnahmen dürfen dabei nicht zu kurz kommen.

6. Arbeitsorganisation

Um die virtuelle Zusammenarbeit zu stärken, ist die Bereitstellung digitaler Arbeitsplätze mit entsprechenden Schulungen sowie die Einführung flexibler Arbeitsvereinbarungen notwendig. Außerdem sollten die Unternehmen Richtlinien zur Belastbarkeit ihrer Mitarbeiter einführen, um so eine verantwortungsbewusste Führung durch die Erfüllung der persönlichen, mentalen und physischen Bedürfnisse der Mitarbeiter zu fördern.

Folgen der Krise managen

Die vergangenen Monate waren für Vermögensverwalter turbulent und von starken Verlusten geprägt. Jetzt stehen sie unter dem Druck, die Folgen der COVID-19-bedingten Krise aufzufangen und den verunsicherten Kunden die notwendige Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Vermögensverwalter, die jetzt aktiv handeln und notwendige Reformen in ihren Kundenbeziehungen und Geschäftsprozessen vorantreiben, können die Folgen der Krise managen und sind für die Zukunft resilient aufgestellt.

Über den Autor

Frederic Brunier

Frederic Brunier leitet die Technologiestrategie und Beratungspraxis von Accenture im deutschsprachigen Raum. Er arbeitet mit Kunden an der Gestaltung und Bereitstellung neuer (digitaler) Geschäftsmodelle und strukturiert technologiebasierte Transformationen, indem er Cloud , Daten- und intelligente Plattformen als Katalysator für Geschäftsveränderungen und Wertrealisierung nutzt.

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