Neulich war ich bei der Durchführung einer telefonischen Kundenbefragung einer Direktbank beteiligt. Befragt wurden Depot Kunden mit aktivem Tradingverhalten nach ihrer Zufriedenheit mit den Dienstleistungen der Bank sowie Wünschen und Vorstellungen bezüglich neuer, z.T. zusätzlicher Services und Dienste.
Insgesamt überraschte mich das hohe Durchschnittsalter der Kunden. In Filialbanken ist es zwar normal, dass höhere Depotvolumina mit höherem Lebensalter korrelieren, doch bei einer Direktbank hätte ich dies (ob des Technikeinbezugs) so nicht erwartet. Letztlich gab es hier aber in der Kundenstruktur nur wenige Unterschiede zu Filialbanken.
Besonders bemerkenswert fand ich das Gespräch mit einer 74-jährigen Dame aus Bayern. Nicht nur, dass sie Depots bei mehreren Direktbanken unterhielt, sie konnte sehr präzise Angaben zur Nutzung und zu den Unterschieden der Online-Funktionalitäten bei den einzelnen Instituten machen. Darüber hinaus gab sie präzise Hinweise zu Verbesserungsvorschlägen. Sie nutzte u.a. Day-trading-Möglichkeiten bei den Instituten.
Mich hat dieses Gespräch veranlasst, mal etwas tiefer in das Thema Silver Surfer einzutauchen. Als Silver Surfer gelten ja gemeinhin Menschen jenseits der 50, die im Internet aktiv sind. Interessanterweise ist dies die am stärksten wachsende Gruppe von Online-Nutzern. Inzwischen surfen mehr Über-60-jährige als Unter-20-jährige im Netz. Mehr als zwei Drittel der Über-50-jährigen sind online. Bei der Altersgruppe 60+ sind es deutlich über 50% und bei der Gruppe 70+ sind es bemerkenswerterweise über 20%.
Quelle: (N)Onliner-Atlas
Die Zahlen schlagen sich auch in der Nutzung von online-Banking-Angeboten nieder, wie die folgende Grafik zeigt:
Da auch die Nutzung von Online Banking und Online Brokerage mit rd. 6% p.a. wächst, ist es eigentlich nicht verwunderlich, dass Kunden wie die eingangs genannt ältere Dame auf dem Vormarsch sind.
Diese Silver Surfer sind für Banken per se eine der attraktivsten Zielgruppen: Sie verfügen über eine (verglichen mit anderen Bevölkerungsgruppen) höhere Bildung, ein höheres Einkommen und insgesamt auch ein aktiveres Konsumverhalten.
Kein Wunder, dass bei vielen Banken und Versicherungen schon seit längerem mehr oder weniger intensiv über „seniorengerechte“ Angebote nachgedacht wird. Überraschend ist eigentlich nur, dass nur wenige Banken zu am Markt wahrnehmbaren Ergebnissen gekommen zu sein scheinen.
Wird hier einmal mehr eine wichtige Zielgruppe vernachlässigt, noch dazu eine, deren Anteil im Kundenbestand deutlich und nachhaltig wächst?