Genossenschaftsbanken fusionieren zunehmend wegen übermäßiger Bürokratie und Regulierung. Neue Konzepte sind nötig, um die Vielfalt im Bankensektor zu bewahren. Eine Neuausrichtung der Regulierung ist unvermeidlich.
Jedes Jahr fusionieren 30 bis 40 Genossenschaftsbanken. Damit hat sich seit dem Jahr 2000 die Anzahl der Institute um 60 Prozent verringert. Der wesentliche Treiber für diese Entwicklung liegt in der für kleine Banken und Sparkassen, gerade auch im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen, schlichtweg kaum noch zu bewältigenden Bürokratie- und Regulierungsdichte. Bankenregulierung trägt also nicht mehr zur Finanzstabilität bei, sondern wird zur Existenzbedrohung bei kleinen Unternehmen. Denn: Hauptsächlich mangels personeller Ressourcen sind Bankgeschäfte in den Regionen Deutschlands immer schwieriger zu betreiben.
In der Folge kommt es zu einer beschleunigten Zentralisierung. Dieses Ergebnis kann nicht befriedigen:
- Erstens sind in allen Krisen gerade die kleinen und mittleren Banken ein Garant für Stabilität; zu starke Konzentrationsprozesse im Bankensektor sollten eigentlich vermieden und nicht befördert werden.
- Zweitens und insbesondere in Deutschland ist eine Zentralisierung aber auch wirtschaftlich gefährlich. Die dezentrale Wirtschaft in unserem Land, in der rund 99 Prozent aller Firmen zur Gruppe der kleinen und mittleren Unternehmen gehören, lebt von einer ebenfalls dezentralen und in der Region verwurzelten Kreditwirtschaft, die vor Ort die Versorgung mit Finanzdienstleistungen sicherstellt.
Gründe für die Fehlentwicklung
Doch worin liegt diese Fehlentwicklung begründet? Einerseits verfolgt die EU-Kommission den Ansatz des Single Rulebook. Dazu gehören nicht nur die eigentlichen Gesetze, also zum Beispiel die CRR und CRD, sondern eine Unzahl untergesetzlicher, gleichwohl zu beachtender und sehr umfangreicher Regeln; zum Beispiel die über 250 Leitlinien der EBA und die über 8.000 FAQs.
Andererseits gilt auch in Europa die Pflicht zur Proportionalität. Beides ist nicht, zumindest heute nicht mehr, zusammenzubringen. Der regulatorische Kompass ist also neu auszurichten.
Europa braucht eine „Small Banking Box“
Europa muss ernsthaft über eine sogenannte „Small Banking Box“ nachdenken, also einen eigenen regulatorischen Ordnungsrahmen für kleine und mittlere Institute. Nicht laxer, nicht weniger streng, sondern solvenzfördernd und zugleich unbürokratisch sowie aufwandsminimal. Einen Ansatzpunkt, um diese Überlegungen einzubringen, bieten die gerade überarbeiteten Vorschriften der CRR. In diesen werden sowohl die Europäische Kommission als auch die Europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA aufgefordert, in den nächsten Jahren Berichte über die Angemessenheit des Regulierungs- und Aufsichtsrahmens zu erstellen.
Wir stehen an einem kritischen Punkt, an dem ein Umdenken im Umgang mit Regulierung notwendig ist, will man nicht strukturverändert unmittelbar in die deutsche Finanz- und mittelbar auch in die Real-Wirtschaft eingreifen. Ohne die Lebensfähigkeit kleinerer, regional verwurzelter Institute fehlt die Unterstützung der mittelständischen Wirtschaft. Die Herausforderungen, vor denen unsere Wirtschaft im Moment steht, sind ohne vitale Regionalbanken, die als Transformationsbegleiter bereitstehen, den Wandel zu finanzieren, nicht zu lösen.