Gerade Privatbanken und Wealth Management Bereiche haben oft Vorurteile gegenüber sozialen Medien. Doch auch vermögende Kunden nutzen soziale Medien intensiv und nachhaltig, wenn auch mit anderen Motiven als andere Kundengruppen.
Hintergrund
Häufige Abwehrargumente von Banken gegenüber der Nutzung sozialer Medien sind „unsere Kunden brauchen das nicht“ oder „unsere Kunden nutzen das nicht“. Gerade Banken, die sich in den verschiedenen Geldern des Private Banking tummeln und deren Kunden aus den Segmenten High Networth Individuals oder Affluent kommen, führen diese vermeintlichen Argumente oft ins Feld.
Dahinter verbirgt sich jedoch ein weit verbreiteter Irrtum. Auch diese Kunden nutzen Social Media intensiv, wenngleich mit anderen Motiven, wie „normale“ Privatkunden. Die entsprechenden Erkenntnisse stammen bislang zwar noch ausschließlich aus den USA, ich bin jedoch sicher, dass die Situation hierzulande höchstens mit einem Zeitverzug behaftet ist und nicht grundsätzlich anders aussieht.
Millionäre lieben Social Media
Nach einer Studie der Spectrem Group über die Nutzung von Facebook & Co durch Millionäre ist der Anteil von Facebook Nutzern unter High Networth Individuals (HNI mit $ 1-5 Mio. Vermögen) von 26 Prozent in 2010 auf 46 Prozent in 2011 gestiegen. Im Bereich der Ultra High Net Worth Kunden (UHNWI mit $ 5-25 Mio. Vermögen) lag die Quote sogar bei 47 Prozent, im Affluent Bereich ($ 100.000 – 1 Mio.) bei 55%.
Aber auch andere Social Media Kanäle werden genutzt. So werden z.B. Blogs regelmäßig von einem Drittel der UHNWI, 20 Prozent der HNWI und 21 Prozent der Affluent Kunden gelesen und auch LinkedIn und Twitter sind bei Reichen beliebt, wie die Grafik zeigt.
Nach der Studie spielt aber auch das Alter eine Rolle, wobei interessanterweise “ältere” Millionäre ((55-65 J.) eher soziale Medien nutzen als “jüngere” (<55 J.).
Social Media bei Besserverdienern beliebt
Eine andere Studie, ebenfalls aus den USA, bestätigt diese Einschätzung. Sie untersuchte die Nutzung von sozialen Medien nach Einkommensgruppen und die unterschiedlichen Nutzungsmotive.
Danach lassen sich folgende zwei Erkenntniss festhalten:
- Einkommensstarke Kunden nutzen Facebook mindestens so intensiv wie Otto-Normalverbraucher, jedoch Twitter oder LinkedIn deutlich stärker als diese.
- Währens der Normalkunde vor allem auf Schnäppchen bei der Verfolgung von Marken aus ist, spielt dieser Aspekt für einkommensstarke Kunden eine deutlich geringere Rolle. Ihnen geht es mehr um die Marke, um Information und um Interaktion mit Gleichdenkenden.
Schlussfolgerungen für die Banken
Die Vermutung, Private Banking Kunden würden soziale Medien nicht nutzen, ist eine klassische Fehleinschätzung. Gerade diese Kundengruppe nutzt Social Media intensiv und im klassischen Sinne, nämlich zum Austausch und zur Verbindung mit anderen. Damit müssen sich Banken auch Gedanken machen, wie sie diese Kundengruppe über die neuen sozialen Kanäle erreichen kann. Insbesondere Privatbanken sollten ihre Zurückhaltung aufgeben und eine eigene aktive Social Media Strategie entwickeln und umsetzen.
Was meinen Sie? Arbeiten Sie in einem der angesprochenen Bereiche? Wie sehen Ihre Kunden soziale Medien? Sind Sie schon einmal von einem Kunden über einen Social Media Kanal angesprochen worden? Ich freue mich auf Ihre Hinweise.
6 Kommentare
Hallo, Herr Leichsenring
Ich heisse Leonardo und bin aus Brasilien.
Ich arbeite in ein Bank hier mit Electronic Channels (z.b. Internet, ATM) und meine Kunden sind die Leute, die mit Private Banking Kunden behandeln.
Ich hatte keine Idee, dass die Guteverdienende nutzer über Sozial Media interessiert waren und leider weiss nicht ob die Situation hier in Brasilien das gleich ist.
Ich möchte wissen, ob Sie mir die Quelle (link) für die zwei Grafiken aus die artikel schicken können.
Entschuldigung für meine schlechte Deutsch und Glückwunsch zur Bank Blog!!!
Hallo Herr Leichsenring,
touche – denn die Banken denken, die vermögende Kundenklientel 50+ hat Null-Interesse über soziale Netzwerke zu unteragieren. Stichwort: Über Geld spricht man dann nicht, wenn man entweder gar keins hat oder (zu) viel davon. Erneut ein historischer Fehlschluß, wie schon zu Beginn der Direktbanken.
Wer hier als früher Spieler eine aktive Strategie entwickelt, wird später strategische Vorteile in der Markenpositonierung und Vertrauensbildung generieren. Aber von einem vernetzten Denken ist man in den Chefetagen noch ziemlich weit entfernt. Gut für andere und neue Spieler.
Hallo Herr Dr. Leichsenring, interessante Studie! Auch bei uns im Hause stößt sie (leider) etwas auf Unglauben – wo gibt es Hintergrundinformationen (Zahl der Befragten, Link zur Studie evtl.?)?
Ich selbst kann das absolut nachvollziehen – warum soll sich mit dem verfügbaren Vermögen der Informationsbedarf verringern? Und schon immer haben sich Reichere stärker aktiv selbst informiert – also auch hier passt es. Danke im voraus.
Viele Grüße aus Nürnberg
Hallo Frau Rehm
ich maile Ihnen was zu
Lieber Herr Dr. Leichsenring,
ich beschäftige mich aktuell forschend an der Kaleidos Fachhochschule in Zürich mit dem naheliegenden Fragen. Die Ableitungen aus Ihren Ergebisnisse finde ich überaus spannend und möchte anfragen, ob die Möglichkeit bestehen könnte, weitere Hindergrundinfos zu der Studie zu erhalten.
Besten Dank im Voraus,
Mahmoud Hemmo
Hallo Herr Hemmo
folgen Sie bitte einfach den links im Artikel. Leider liegt mir die Studie selbst nicht vor