Besserer Service rund um die Uhr und das auch noch zu niedrigeren Kosten: Es klingt wie eine kühne Zukunftsvision, ist aber die realistische Beschreibung dessen, was mit dem Einsatz von KI-basierten Sprachassistenten im Banking heute schon möglich ist.
Ein Anruf bei der Bank-Hotline kann für Kunden erhebliches Nerv-Potenzial haben. Wartezeiten mit Bandansagen und Gedudel, zwischendurch die langwierige Eingabe von Sicherheitsinfos zur Authentifizierung über die Tastatur – und im Gespräch mit den Service-Mitarbeitern wird dann oft genug nur nach Schema F abgefragt. Personalisierung und vor allem ein positives Kundenerlebnis sehen heute anders aus. Hinzu kommt: Dieser Service mit Frust-Faktor ist für die Banken sehr teuer. Kosten von drei Euro pro Anruf im Callcenter sind keine Seltenheit in der Branche. Das summiert sich schnell zu stattlichen Beträgen. Wer beispielsweise 30 Millionen Anrufe pro Jahr hat, ist mit 90 Millionen Euro Kosten dabei.
Dabei ginge es auch ganz anders. Der perfekte Hotline-Anruf könnte aus Kundensicht so aussehen: Nach dem Wählen meldet sich der Service direkt und fragt nach dem Anliegen – es gibt keine Wartezeit mehr, auch zu ungewöhnlichen Tageszeiten nicht. Der Service identifiziert Anrufende anhand der Stimme und weiß direkt, mit wem er es zu tun hat. Die Eingabe von Telefon-PINs oder ähnlichem ist nicht mehr nötig. Bei einfachen Anfragen, die regelmäßig gestellt werden, kann der Computer direkt weiterhelfen und so dazu beitragen, die stark ausgelasteten Beschäftigten im Kundenservice zu entlasten. Das gibt ihnen wiederum die Möglichkeit, sich auf die komplexeren bzw. individuellen Fragestellungen der Anrufenden zu konzentrieren – um die monotone Beantwortung von Standardanfragen müssen sie sich nicht länger sorgen.
Der Goldstandard für Sprachverarbeitung mit künstlicher Intelligenz: Human Parity
Dieses Szenario ist keine kühne Fiktion, was in einigen Jahren möglich sein könnte. Sondern vielmehr eine realistische Beschreibung dessen, was jetzt schon möglich ist. Sprachassistenten sind in unserem Leben angekommen und für zahlreiche Anwender längst selbstverständlicher Teil ihres Alltags. Wir haben gelernt, mit ihnen unsere Lieblingsmusik aufzulegen, das Licht auszuschalten und die Wettervorhersage für morgen abzufragen. Technologie unterstützt uns im Alltag, macht unser Leben bequemer und einfacher. Und mit dem Level, das die automatisierte Sprachverarbeitung mit künstlicher Intelligenz (KI) inzwischen erreicht, ist sie längst auch Banking-tauglich.
Der Goldstandard der Sprachverarbeitung mit KI ist die sogenannte Human Parity – also Aufgaben ebenbürtig zu menschlichen Pendants erledigen zu können. Microsofts Sprach-KI Azure Cognitive Services Speech hat diese Parität im Bereich Sprachverstehen 2017 erreicht, 2018 dann auch in den Bereichen Maschinelles Lesen, Textverständnis und Maschinelles Übersetzen. Seit 2019 kann die KI genauso gut Sprache generieren wie Menschen, seit 2020 sogar zusammenhängende Texte. Sie ist zum Beispiel in der Lage, kurze Essays zu vorgegebenen Themen zu schreiben. Im Banking bieten sich mit diesen Fähigkeiten diverse Einsatzmöglichkeiten.
Von Authentifizierung bis Zusammenfassung – so helfen Sprachassistenten im Banking
Die Sprache ist ein individuelles Merkmal jedes Menschen, quasi ein akustischer Fingerabdruck. Wie wir sprechen und betonen ist unverwechselbar – und damit bestens zur Identifikation geeignet. KI ist in der Lage, aus Sprechproben die unverwechselbaren biometrischen Spracheigenschaften von Menschen herauszuhören und sie danach treffsicher zu identifizieren. Die Stimmanalyse ist sicher genug, um im Authentifizierungsprozess – der aufgrund der regulatorischen Vorgaben mehrere Faktoren beinhalten muss – als ein Faktor oder Teil eines Faktors eingesetzt zu werden.
Servicetelefonate können damit erheblich beschleunigt werden. Nicht nur, weil beispielsweise das mühselige Eintippen von Telefon-PINs entfällt. Wenn die KI die Kundin oder den Kunden identifiziert, kann sie im Falle einer Weiterleitung an einen Berater auch gleich die passenden Kundeninformationen anzeigen, ohne dass Berater selbst noch Name beziehungsweise Kundennummer erfragen müssen.
Auch bei der Umsetzung regulatorischer Vorgaben können Sprachassistenten helfen. Wo beispielsweise Beratungsprotokolle Pflicht sind, können Assistenten automatisiert Zusammenfassungen der Gespräche erstellen. Die Sprachverarbeitung ist in der Lage, die wesentlichen Gesprächsinhalte sowie Vereinbarungen zu erkennen und diese festzuhalten. Kunde und Berater müssen anschließend nur noch gegenlesen und die Zusammenfassung bestätigen – fertig.
Mehr Service, weniger Kosten: Sprachassistenten schaffen Win-Win-Szenarien für Banken & Kunden
Etwa 35 Callcenter-Kontakte haben Menschen durchschnittlich pro Jahr laut Berechnungen des CIO Magazins. Was unterscheidet einen Anruf beim Kundenservice heute von einem Anruf im Jahr 1990? Wer darüber nachdenkt, kommt zu dem ernüchternden Ergebnis: Große Fortschritte hat es in den vergangenen 30 Jahren nicht gegeben, im Grundsatz ist das Call-Center-Erlebnis noch immer dasselbe. Bandansagen, umständliche Menüführung, Eingaben per Tastatur, mehr als Ja/Nein-Entscheidungen sind nicht möglich: ein modernes Kundenerlebnis geht anders. Und nicht nur in der technischen Umsetzung eröffnen Sprachassistenten neue Welten, sondern auch in der inhaltlichen. Wer sind die Kunden, die in der Hotline anrufen, und was brauchen sie? Was sind die häufigsten Probleme und Fragen, was sind Trends und Wünsche? Sprachassistenten können Gespräche auswerten und damit eine Basis liefern, auf der Service-Mitarbeiter und Bankbeschäftigte bessere Angebote für ihre Kunden entwickeln können – natürlich unter Einhaltung aller Vorgaben zu Datenschutz und -sicherheit.
Unter dem Strich entsteht so ein besserer Service, der sich für beide Seiten lohnt. Assistenten werden menschliche Agenten nicht ersetzen, aber sie können sie sinnvoll unterstützen und ergänzen. Moderne Sprachassistenten bieten einen Erstkontakt, bei dem Kunden in natürlicher Sprache ihren Bedarf mitteilen können wie in einem normalen Gespräch. Mit Kosten von 50 Cent pro Anruf sind Sprachassistenten dabei deutlich günstiger als klassische Call-Center-Anrufe. Auf 30 Millionen Kundenanrufe pro Jahr hochgerechnet: Werden alle Anrufe wie bisher von Menschen angenommen, entstehen Kosten von 90 Millionen Euro. Wenn der Erstkontakt über den Sprachassistenten läuft, dieser die Hälfte der Anfragen selbst beantwortet und 15 Millionen Anrufe an menschliche Kollegen weiterleitet, sinken die Gesamtkosten auf 60 Millionen Euro. Die Gewinne durch besseren Service, passendere Angebote und zufriedenere Kunden sind da noch gar nicht eingepreist.
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