Die Corona-Krise erhöht die Schuldenberge, flutet die Märkte mit Liquidität und sorgt so für anhaltend niedrige Zinsen. Die meisten Geschäftsmodelle der Banken stoßen an ihre Grenzen. Eine aktuelle Studie zeigt strategische Auswege für das Retail Banking.

Studien und Research zu strategischen Trends und Entwicklungen in der Finanzdienstleistung

Zahlreiche Trends und Entwicklungen sind von übergeordneter strategischer Bedeutung für Banken und Sparkassen. Im Bank Blog finden Sie Studien zu den wichtigsten strategischen Trends und Entwicklungen im Finanzbereich.

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Banken und Sparkassen stehen vor existentiellen Herausforderungen. Die anhaltende Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank hat bereits zu Verwerfungen geführt. Nun verschärft die Corona-Krise diese Problematik nochmals. Die Rettungsmaßnahmen sind Fluch und Segen zugleich. Einerseits entlasten die Programme der Förderbanken, des Staates und der EZB die Bankbilanzen, andererseits werden über das niedrige Zinsniveau die Geschäftsmodelle zeitgleich Opfer der Rettungsmaßnahmen.

Die herrschenden zinspolitischen Rahmenbedingungen sanktionieren Liquiditätsvorräte (Strafzinsen) und incentivieren stattdessen Investitionen und das Aktivgeschäft, um die Wirtschaft anzukurbeln. Die neueste Geldmengenausweitung ausgelöst durch die Corona Krise verschärft dieses Ungleichgewicht weiter. Die Spielräume, in denen profitable Bankgeschäfte zukünftig möglich sind, werden immer enger.

Unter den anhaltend schwierigen Rahmenbedingungen stoßen viele bislang bewährte Geschäftsmodelle der Kreditinstitute an ihre Grenzen oder drohen, gänzlich zu versagen. Parallel dazu bringen die Digitalisierung und innovative Technologien neue Formen des Bankings und neue Geschäftsmodelle hervor. Banken und Sparkassen müssen daher – noch dringender als schon vor Corona – Wege finden, ihre Geschäftsmodelle an die neue Realität der Überliquidität anzupassen. Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Moonroc enthält Beispiele, wie Institute mit neuer Aufstellung und neuen Produkten erfolgreich sein können.

Bedrohung im Banking durch BigTechs

Die Revolution der Bankindustrie, ausgelöst durch die großen Plattformunternehmen wie Google, Apple, Facebook oder Amazon (#GAFA), schreitet langsam aber stetig voran:

  • Apple startete jüngst erste Services wie ApplePay oder die Apple Card,
  • Amazon und PayPal bieten Kredite für KMUs,
  • Facebook experimentiert mit Zahlungen und Bankgeschäften über WhatsApp und
  • Google arbeitet unter dem Codenamen „Cache“ an einem transaktionalen Konto.

Allerdings beginnen die BigTechs erst, ihre enorme Kundenreichweite wirklich zu nutzen. Eine echte Monetarisierung der Kundenbasis steht noch bevor. Die großen digitalen Supermächte unserer Zeit werden – so die Studie – die Margen aus Finanzgeschäften nutzen, um daraus eigene ertragreiche Geschäftsmodelle zu entwickeln. Selbst Supermärkte und Automobilhersteller – so die Autoren – hätten mit Erfolg Bankableger gegründet, um ihren eigenen Geschäftszyklus anzukurbeln und die Erträge aus Finanzgeschäften im eigenen Ökosystem zu halten.

Gestalten statt Abwarten

Die deutschen Kreditinstitute reagieren auf die veränderten Marktbedingungen seit einigen Jahren mit einander sehr ähnlichen Lösungsansätzen. Im Mittelpunkt stehen

  • Erhöhung der Konditionen,
  • Versuch der Steigerung von Wertpapiergeschäften und
  • Kostensenkung.

Garniert wird das Ganze mit Maßnahmen zur Digitalisierung und einem Schuss Innovation.

Diese Strategie hat bei den meisten Akteuren im Markt eine scheinbar endlose Restrukturierungsschleife angestoßen. Der wahre Gegner für die Branche seien jedoch nicht die Kosten, sondern der Fortschritt. Banken müssten die Zukunft des Bankgeschäfts besser verstehen, um zukünftig wachsende Erträge realisieren zu können. Die alten Bankgeschäftsmodelle zu restrukturieren, führe am Wesen eines neuen Bankings vorbei.  Es gelte den Fortschritt und die Evolution des Geschäfts zu gestalten.

Neue Strukturen zur Sicherung der Zukunft

Erfolgreiche Marktteilnehmer differenzierten sich daher nicht nur in ihren produktseitigen Angeboten, sondern zunehmend auch in ihren Organisationsmodellen. Agilität ist hier das Gebot der Stunde. Es zeige sich, dass Strukturen, die dem Einzelnen größere Entscheidungsspielräume erlauben, eine Organisation besser befähigt, auch in neuen Strukturen zu denken und damit neue Ideen für neue Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Während viele traditionelle Institute versuchen, ihr erodierendes und traditionell geprägtes Bestandsgeschäft in großen operativen Umbaumaßnahmen zu gesunden, entwickelten neue Anbieter innovative und kundenorientierte Lösungen, Produkte und Services für ein Banking von Morgen. Die Grundlage dafür bieten innovative technische Möglichkeiten. Diese Produkte kommen von atypischen Banken, deren Organisationsstruktur von Grund auf darauf ausgelegt ist, das Potential des neuen Bankenmarktes und neuer Technologien zu heben und in entsprechende Produkte zu übersetzen.

Strategien für eine erfolgreiche Zukunft

Drei Beispiele entsprechender Ansätze im Markt sollen dies verdeutlichen:

1. Serial Restructurer und professionelle Asset-Verwertung

Der Ansatz wurde vorwiegend von ausländischen Investoren nach Deutschland getragen. Das Prinzip basiert darauf, die Assets der Bankbilanzen zu restrukturieren und stellenweise auch über eine Adaption der Portfoliomischung und der Risikobewertung Potentiale zu heben.

Durch gezielte Akquisitionen werden neue Banken geformt, die über eine Restrukturierung der Assets und eine entsprechend gelagerte Gesamtstrategie profitables Wachstum in einem scheinbar gesättigten Markt erzeugen. Beispiele sind Bremer Landesbank, HSH Nordbank, Bankhaus Neelmeyer, Oldenburgische Landesbank, Bawag und Südwestbank).

2. Fast Innovators

Ein zweiter Ansatz, der immer mehr an Bedeutung gewinnt, setzt direkt beim Kunden an. Über neue Produkte mit neuen Funktionen oder extrem niedrigen Preispunkten werden Lösungen entwickelt, die erfrischend anders sind als das Altbekannte. Mit hoher Geschwindigkeit werden diese in den Markt gebracht, ohne dabei auf Legacy Systeme Rücksicht nehmen zu müssen.

Interessanterweise zeigt sich in den Funktionalitäten der neuen Anbieter eine äußert steile Lernkurve. Konnten die ersten Produktzyklen nur mäßig überzeugen, hat sich das Blatt inzwischen vollkommen gewendet. Wettbewerber rund um Revolut, N26, Raisin, Klarna und andere ziehen über die Kombination aus „fast kostenlos“ und deutlich umfangreicheren Funktionen im großen Stil Neukunden an. Es entstehen völlig neue Banking-Geschäftsmodelle, basierend auf neuen technischen Möglichkeiten, neuen Produkten und angepasst an die durch Zentralbanken gesetzten Rahmenparameter.

3. New Monopoly Banking

Die dritte Strategie charakterisiert sich durch einen starken Zuschnitt auf eine bestimmte Zielgruppe und durch den Aufbau von Schutzmechanismen, um dieses Marktsegment zu verteidigen. Es geht demnach um das bewusste Bespielen eines abgegrenzten und teilweise geschützten Marktgebietes und der Nutzung dieses Kundenpools.

Zu den bekanntesten Beispielen zählen die Autobanken. VW Financial Services gehört inzwischen zu den wichtigsten und ertragsreichsten Sparten des Automobilkonzerns. Das Ankerprodukt Auto dient als Wirt und damit als Träger für die Finanzdienstleistung. Somit agieren die Autobanken gewissermaßen im Windschatten eines relevanten Produktes oder Marktes, um den Handel und den Verkauf mit diesem zu fördern.

Aber auch Sparkassen und Volksbanken hatten eine Art Quasimonopol bezüglich ihrer Region oder der Zielgruppe, die sie ansprechen. Weitere Beispiele sind die APO Bank oder die BBBank.

Aktuell geht es darum, diese jeweilige Kernklientel auch in die digitale Welt des Bankings zu retten und nicht an neue digitale Monopolisten (GAFA) zu verlieren.

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