Wie Bankkunden in Deutschland die Banken und Sparkassen wahrnehmen, was ihnen wichtig ist und wo Chancen für Banken liegen.
Auch im siebten Jahr nach Ausbruch der Finanzkrise sinkt das Vertrauen der europäischen Kunden in die Banken weiter: Gut vier von zehn Bankkunden in Westeuropa geben an, dass ihr Vertrauen in die Bankenbranche in den vergangenen zwölf Monaten gesunken sei – nur neun Prozent haben heute mehr Vertrauen in die Banken als vor einem Jahr. In Deutschland ist das Vertrauen nur bei sechs Prozent der Bankkunden gestiegen – bei 38 Prozent hingegen gesunken.
Weltweit konnte die Bankenbranche ihr Image dagegen verbessern: Jeder dritte Bankkunde weltweit hat zusätzliches Vertrauen gefasst, nur 19 Prozent bringen Banken heute weniger Vertrauen entgegen als vor einem Jahr. Die eigene Bank weiterempfehlen würden allerdings weltweit nur vier von zehn Kunden – in Deutschland liegt der Anteil mit 35 Prozent sogar noch etwas niedriger.
Dafür sind die deutschen Bankkunden Spitzenreiter bei der Preissensibilität: 47 Prozent der Bankkunden, die hierzulande in den vergangenen zwölf Monaten ein Konto neu eröffnet haben, taten dies wegen geringerer Kosten oder besserer Konditionen. Im westeuropäischen Durchschnitt gaben nur 35 Prozent der Befragten Kosten und Konditionen als Wechselgrund an, weltweit sind es lediglich 30 Prozent.
Das sind Ergebnisse des „Global Consumer Banking Survey 2014“ der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY). Die Studie basiert auf einer Befragung von 33.000 erwachsenen Bankkunden in 43 Ländern. In Deutschland nahmen mehr als 800 Bankkunden an der Umfrage teil.
Herausforderung Retail Banking
Die Banken stehen im Geschäft mit Privatkunden – dem sogenannten Retail Banking – daher vor erheblichen Herausforderungen: Wenig Vertrauen der Kunden, geringe Loyalität und ein nur schwach ausgeprägter persönlicher Kontakt zwischen Kunden und Banken: 64 Prozent der deutschen Kunden erledigen ihre Bankgeschäfte regelmäßig online (Welt: 58 Prozent), und nur 16 Prozent besuchen regelmäßig eine Bankfiliale – weltweit liegt der Anteil mit 24 Prozent deutlich höher. Per Telefon treten nur 3 Prozent der deutschen Kunden regelmäßig mit ihrer Bank in Kontakt – weltweit sind es immerhin 12 Prozent.
Beratung ist gefragt, soll aber nichts kosten
„Die Kommunikation zwischen Kunde und Bank erfolgt online oder per Post – ein persönlicher Kontakt findet kaum noch statt“, fasst Trinkaus zusammen. Kaum Chancen also für die Banken, mit den Kunden über deren persönliche Finanzlage zu sprechen und ihnen gegebenenfalls weiterführende Beratungsleistungen anzubieten. Immerhin: Aufseiten der Kunden besteht durchaus Interesse an einem intensiveren Austausch mit einem Bankberater (59 Prozent) – kosten darf diese Beratung allerdings zumeist nichts: Gerade einmal 11 Prozent der deutschen Kunden wären bereit, für die Erstellung eines individuellen Finanzplans etwas zu bezahlen. Einen aktiven Hinweis ihrer Bank auf attraktive Finanzprodukte würden nur 3 Prozent finanziell honorieren.
Signifikantes Wachstumspotenzial nur bei 14 Prozent der Kunden
Im Rahmen der Studie wurden acht Typen von Bankkunden identifiziert und analysiert. Der Anteil von Kundengruppen, die lediglich eine geringe Anzahl von Bankprodukten in Anspruch nehmen und über begrenzte Finanzmittel verfügen, ist in Deutschland und Westeuropa im Vergleich zu anderen Regionen der Welt überdurchschnittlich hoch. Dabei handelt es sich um Kundensegmente wie etwa den „Basis-Kunden“: Er ist tendenziell älter, verfügt nur über geringe finanzielle Mittel und misstraut der Bankenbranche generell. Auch „Traditionalisten“, die Filialen bevorzugen und häufig Bankautomaten nutzen sowie „Sicherheitsorientierte“, die möglichst einfache Produkte schätzen und nur ein kleines Vermögen besitzen, bieten Retail Banken nur geringes Wachstumspotenzial. Diese Kundengruppen machen in Deutschland 86 Prozent aller Bankkunden aus.
Mit insgesamt 14 Prozent ist der Anteil der dynamischen und Wachstum versprechenden Kundensegmente deutlich geringer als in anderen Märkten. In den USA etwa machen sie 34 Prozent aus, in Schwellenländern wie China und Indien stellen sie mehr als die Hälfte aller Bankkunden.
Integrierte Kontaktkanäle, individualisierte Dienstleistungen für alle Kundengruppen notwendig
Die größte Gruppe innerhalb des Segments der Wachstumskunden in Deutschland sind mit 12 Prozent die „Etablierten und Erfolgreichen“: Dabei handelt es sich um ältere Bankkunden mit einem hohen Bildungsstand, die gut verdienen und über ein nennenswertes Vermögen verfügen. Sie vertrauen den Banken, sind aber auch wechselbereit. Dazu kommen zwei jüngere Kundensegmente, die „modernen Jungkunden“ sowie die „wohlhabenden Aufsteiger“. Beide Gruppen verfügen über verhältnismäßig hohe Einkommen und Vermögen und haben Interesse an Bankprodukten. Sie nutzen nicht bloß ein Girokonto plus Sparbuch, sondern besitzen oft mehrere Kreditkarten, eine Immobilienfinanzierung, eine Lebensversicherung und ein Wertpapierdepot. Weil sie tendenziell größere Geldsummen anlegen und einen guten Service schätzen, bringen sie auch eine überdurchschnittliche Zahlungsbereitschaft mit. Für diese Kunden müssen Kreditinstitute eine hohe Servicequalität und Verfügbarkeit – eventuell auch gegen Aufpreis – sicherstellen. Weiterhin spielt die nahtlose Integration der Vertriebskanäle mit Fokus auf individuelle Mehrwertleistungen im Online- und Mobilbereich für diese Segmente eine große Rolle.
Wachstumschancen im Retail Banking ergeben sich für diejenigen Institute, denen es gelingt, eine größere Nähe zum Kunden über eine Vielzahl von Zugangskanälen sowie eine stetige Anpassung des Produkt- und Dienstleistungsportfolios auf individuelle Kundenbedürfnisse herzustellen.
Quelle: Ernst & Young
Die Ergebnisse „Global Consumer Banking Survey 2014 – Deutschland“ können hier direkt heruntergeladen werden.
Die Gesamtstudie „Die Kundenerfahrung in den Vordergrund stellen – Global Consumer Banking 2014“ finden Sie ebenfalls in der Studienrubrik.