Viele Unternehmen haben in letzter Zeit die Funktion des Chief Marketing Officers umbenannt oder suchen nach einer neuen Bezeichnung. Ist dies lediglich „alter Wein in neuen Schläuchen“ oder steckt tatsächlich eine andere Philosophie dahinter?
Vor kurzem hat Unilever die Funktion des Chief Marketing Officers in „Chief Digital and Commercial Officer“ umbenannt. Bereits 2019 wurde die Bezeichnung in „Chief Digital and Marketing Officer“ geändert. Bei der Bekanntgabe führte die verantwortliche Managerin aus, dass der neue Titel die Konvergenz von Medien, Unterhaltung und Handel widerspiegeln solle, welche die Grenzen zwischen Marketing und Vertrieb verwischt habe. Es ginge nicht darum, Marketing fallen zu lassen, sondern um den Vertrieb zu erweitern.
Weltweit haben bereits zahlreiche große Unternehmen, wie Johnson & Johnson, Taco Bell oder Hyatt ihrem Chief Marketing Officer einen neuen Namen gegeben. Andere Organisationen, wie McDonalds und Coca-Cola, ließen den Titel des Chief Marketing Officer fallen, um ihn später wieder zurückzubringen.
Semantik oder Inhalt?
Die neuen Begriffe sind vielfältig, wie eine kleine Auswahl zeigt:
- Chief Brand Officer,
- Chief Digital Officer,
- Chief Commercial Officer,
- Chief Experience Officer,
- Chief Customer Officer,
- Chief Growth Officer,
Doch handelt es sich bei den neuen Bezeichnungen nur um semantische Drehungen und Wendungen oder tatsächlich um eine Neudefinition der Marketingfunktion?
Tatsächlich werden bei vielen dieser Umbenennungen neue Wörter verwendet, um neue Prioritäten zu signalisieren: Wachstum, Erfahrung, Purpose, Werbung usw. Manchmal spiegelt die Titeländerung eine Änderung des Organigramms wider, manchmal nicht.
Identitätskrise des Marketing?
Wenn neue Wörter erfunden oder bestehende anders verwendet werden als in der Vergangenheit, liegt das oft daran, dass nach einer neuen Bedeutung gesucht wird. Eine Möglichkeit, etwas oder jemand eine neue Bedeutung zu erhalten, besteht darin, diesem einen neuen Namen zu geben. Besser wäre es jedoch, erst die Bedeutung zu schaffen und sie dann später entsprechend zu benennen.
Ein Teil der mit der Namensgebung verbundenen Identitätskrise des Chief Marketing Officers resultiert wohl aus der klassischen Situation einer „Rechenschaftspflicht ohne Autorität“. Der CMO wird oft für Ergebnisse verantwortlich gemacht, die vielfach von anderen Funktionen in einer Organisation erzielt – oder nicht erzielt – werden. Hinzu kommt, dass sich Bedeutung, Inhalte und Aufgaben von Marketing ständig weiterentwickelt haben.
Aber selbst, wenn es nur um die Semantik geht, kann eine Änderung des Titels dazu führen, dass die Marketing-Fähigkeiten und –Ziele aus dem Blickfeld geraten. Gerade in einer Zeit, in der sich die Unternehmen das am wenigsten leisten können, sollte daher vorsichtig mit Neubezeichnungen umgegangen werden.