Eine Studie bewertet den Einfluss der wichtigsten regulatorischen Entwicklungen auf die Finanzdienstleistungsbranche im Jahr 2021. Sie zeigt, wie Führungskräfte diese Trends frühzeitig antizipieren und effektiv auf diese reagieren können.
Eine Studie der Unternehmensberatung Deloitte hat neun übergreifende Trends identifiziert, die für den Finanzdienstleistungssektor im Jahr 2021 von besonderer strategischer Bedeutung sein werden. Die Studie zeigt die aufsichtsrechtlichen Schwerpunkte für das kommende Jahr mit Blick auf die einzelnen Sektoren – Banken, Versicherungen und Investment Management – auf.
1. Zukunftsfähigkeit der Geschäftsmodelle
Im Zuge der COVID-19-Pandemie wird die Unsicherheit in Bezug auf die Ausfallrisiken der Kreditportfolien zunehmend größer. Dies wirft zum einen die Frage auf, wie kurzfristig die Stabilität der Finanzmärkte sichergestellt werden kann und zum anderen, wie zukunftssicher die Geschäftsmodelle einiger Institute auf lange Sicht noch sind.
Finanzinstitute werden 2021 mit der Herausforderung konfrontiert sein, Wertberichtigungen für Kreditrisiken zu managen, Maßnahmen zur Förderung einer raschen Erholung zu implementieren, an der Aufrechterhaltung der Widerstandsfähigkeit zu arbeiten und gleichzeitig die Zukunftstauglichkeit ihrer Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen.
2. Der LIBOR läuft aus
Das Jahr 2021 wird – zumindest größtenteils – das letzte Übergangsjahr im Rahmen der LIBOR-Reform sein. Trotz der zur Verfügung stehenden Instrumente zur Steuerung des Prozesses bleibt das Risiko eines ungeordneten Übergangs.
Es erscheint wahrscheinlich, dass im Januar 2022 diverse unterschiedliche Zinssätze am Markt existieren. Eine vollumfassende Abstimmung innerhalb der Branchen oder unter den Regulatoren ist hingegen nicht zu erwarten.
3. Die Umsetzung des Brexit
Mit dem endgültigen Ablauf der Übergangsphase am 31.12.2020 bleibt den Finanzdienstleistern aus dem Vereinigten Königreich mit Geschäft in der EU nur die Möglichkeit, weiterhin Verlagerungen in die EU-Finanzzentren vorzunehmen. Es ist nicht zu erwarten, dass der Umsetzungsdruck für diese Unternehmen abnimmt, da Aufsichtsbehörden die Erfüllung der in den Zulassungsplänen vereinbarten Auflagen fordern werden. Ferner ist davon auszugehen, dass die EU-Aufsichtsbehörden auf eine zunehmende Verlagerung von Clearing-Aktivitäten in die EU drängen werden.
4. Nachhaltigkeit
Auch während der Corona-Pandemie hat die Arbeit der Regulatoren und Aufsichtsbehörden im Hinblick auf Nachhaltigkeit nicht geruht. Vielmehr wurde der Prozess bezüglich verschiedener klimabezogener Stresstest-Initiativen kontinuierlich vorangetrieben. Gleichzeitig wurden Finanzdienstleister dazu angehalten, ESG-Aspekte vollumfänglich in ihre Geschäftsstrategie sowie ihr Risikomanagement-Framework zu integrieren.
5. Verbraucherschutz
In vielen Ländern hat auch der Verbraucherschutz für die Aufsichtsbehörden einen hohen Stellenwert. Im Zuge der Pandemie erwarten wir, dass die zuständigen Behörden einen noch stärkeren Fokus auf die Verhaltensweisen, die Kultur und die Governance von Finanzdienstleistungsunternehmen legen werden. So werden die Aufseher die Förderung einer Kultur erwarten, die für die Kunden zu den bestmöglichen Ergebnissen führen.
Gleichzeitig stehen Finanzdienstleister jedoch weiterhin unter Druck, auch ihre eigene finanzielle Stabilität verantwortungsvoll zu managen. Dies könnte zu einem Zielkonflikt zwischen aufsichtlicher Erwartungshaltung und Zielen der Finanzdienstleister führen.
6. Digitalisierung und Innovation
Die digitale Transformation und technologische Innovationen werden die zentralen Treiber für eine rasche Erholung und künftiges Wachstum sein. Das gilt ganz besonders vor dem Hintergrund, dass sich die Kundenpräferenzen im Zuge der Pandemie nachhaltig verändert haben.
Finanzdienstleister sollten sich der Bedenken der Aufsichtsbehörden bewusst sein, die durch die immens hohe Geschwindigkeit bei der Umsetzung der Digitalisierung hervorgerufen werden. Dazu gehören Themen wie die operative Stabilität, Risiken im Bereich des Zahlungsverkehrs sowie Fragestellungen im Kontext von Künstlicher Intelligenz (KI) und Big Data-Analysen.
7. Neue Formen der Finanzkriminalität
Im Zuge der Corona-Pandemie hat es einen erheblichen Wandel in Richtung Remote-Work und Home Office gegeben. Die Aufsichtsbehörden sind zunehmend beunruhigt, dass hierdurch neue Muster von Finanzkriminalität ermöglicht wurden und Cyberangriffe erleichtert werden. Kurzfristig wird daher ein besonderes Augenmerk der Aufsicht auf der Sicherstellung robuster Risiko- und Kontrollsysteme liegen, die in der „Neuen Normalität“ nachhaltig bestehen können.
8. Regulatorische Divergenz zwischen EU und Großbritannien
Es gibt eine Reihe zentraler regulatorischer Themen, bei denen absehbar ist, dass Großbritannien im kommenden Jahr von dem Ansatz der EU abweichen wird. Für den Bankensektor sind die CRR III/CRD V zur Umsetzung der verbleibenden Themen aus Basel III dafür einschlägige Beispiele. Für Versicherungsunternehmen ist eine wesentliche Abweichung in den strittigeren Bereichen der Solvency II-Umsetzung sehr wahrscheinlich.
9. Operative Stabilität
Für die Aufsichtsbehörden ist wichtig, sicherzustellen, dass Finanzdienstleistungsunternehmen ihre Lehren aus den bisherigen Entwicklungen der Corona-Krise gezogen haben und für weitere Wellen und die resultierenden Beeinträchtigungen gewappnet sind.
Wenngleich Finanzdienstleister während der Pandemie ihre operative Stabilität bisher überwiegend aufrechterhalten konnten, werden sich Aufseher damit nicht zufriedengeben. Vielmehr werden sie erwarten, dass sich Finanzdienstleister auf noch herausforderndere Krisenszenarien einstellen.
Die Studie „Recover, renew, rebuild“ können Sie hier direkt herunterladen.
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