Immer mehr Akteure, vermehrt auch branchenfremde, buhlen um den Bankkunden. Statt in Schockstarre zu verfallen oder auf die große Innovation zu hoffen, sollten Banken im kommenden Jahr bewusst Kooperationen eingehen, die ihren Kunden am Ende einen Mehrwert bieten.
2020 hat gerade begonnen – und Deutschlands Banken sind seit mehreren Jahren nicht zuerst mit größeren regulatorischen Projekten beschäftigt. Nach MiFID II, der EU-DSGVO und PSD2 in den letzten Jahren können sich Banken in diesem Jahr verstärkt auf ihr Kerngeschäft fokussieren. Und das ist auch dringend notwendig, denn der Wettbewerb wird weiter zunehmen – und das nicht nur bei einigen, sondern eigentlich bei allen Bankdienstleitungen.
Mehr Wettbewerb im Brokerage
Dabei ist es nicht die PSD2, die den Markt belebt. Zwar wird Open Banking durch Öffnen der Kundenschnittstelle leichter. comdirect kooperiert hier beispielsweise bereits im Brokerage mit der Handelsplattform Guidants und demnächst mit der Börsensoftware Traderfox; auch haben interessierte Kunden mit Entwicklerkenntnissen die Möglichkeit des direkten Zugriffs auf die comdirect API.
Der eigentliche Wettbewerb ist jedoch nicht nur durch die PSD2 getrieben. Auch im Wertpapierhandel haben neue Discount-Broker wie Trade Republic oder justTrade ihr Geschäft aufgenommen. Zwar ist hier, wie ein Blick in die USA zeigt, mittelfristig eine Marktkonsolidierung nicht unwahrscheinlich. Kurzfristig könnten aber weitere Player auf dem deutschen Markt hinzukommen. So plant das in diesem Segment äußerst erfolgreiche US-amerikanische Unternehmen Robinhood seinen Markteintritt in Europa. Aktuell ist der Start in Großbritannien avisiert, doch auch über ein Angebot für Deutschland wird immer wieder spekuliert. Und auch das Finanzportal wallstreet:online hat Ende letzten Jahres angekündigt, 2020 in den Wertpapierhandel einzusteigen.
BigTechs drängen in die Finanzbranche
Im Banking ist der Markt ebenfalls in Bewegung: Neo-Banken wie N26 oder Revolut, die bereits in Deutschland aktiv sind, gewinnen weitere Marktanteile. Hinzu kommen branchenfremde Wettbewerber wie check24, die aktuell eine Banklizenz beantragen. Und auch von den BigTechs erhöht sich der Druck: Google hat ein eigenes Girokonto angekündigt, das als White-Label-Lösung auf dem Bezahlsystem Google Pay basieren soll. Insbesondere der Zahlungsverkehr ist für die BigTechs attraktiv. Facebook beispielsweise möchte einen Kanal-übergreifenden Bezahldienst für Nutzer seiner Apps und Kanäle anbieten und arbeitet an der Digitalwährung Libra. Und Apple plant Berichten zufolge, nach Apple Pay auch seine neue Apple Card in Deutschland anzubieten.
Nicht Innovation, sondern Convenience entscheidet
Die Beispiele zeigen: Die Markteintrittsbarrieren werden geringer. 2020 wird meiner Meinung nach nicht das Jahr der nächsten großen Innovation, sondern das des zunehmenden Wettbewerbs werden. Über den Erfolg entscheidet zu allererst eins: Wie smart oder vielleicht auch „cool“ sind die Lösungen? Apple macht es hier eindrucksvoll vor. Denn brauchen die Menschen eine weitere Kreditkarte? Vermutlich nicht. Trotzdem gilt der Start der Apple Card in den USA als die erfolgreichste Kreditkarteneinführung aller Zeiten. Das liegt nicht nur an der Marke, sondern daran, dass das Leistungsangebot der Apple Card über das von gewöhnlichen Kreditkarten hinausgeht. Alle Ausgaben werden mittels KI kategorisiert und in Echtzeit angezeigt. Nutzer haben also einen guten und vor allem stets aktuellen Überblick über ihre Finanzen. Sie können Budgetgrenzen festlegen und erhalten Cashbacks, je häufiger sie die Apple Card einsetzen.
Bessere Use Cases schaffen
Es kommt also nicht auf große technische Neuerungen an, sondern darauf, echte Mehrwerte, einen klaren Nutzen für den Kunden und vermehrt auch seinen „Lifestyle“ zu schaffen. Deshalb werden wir 2020 zum Beispiel unsere comdirect App um weitere, für unsere Kunden wichtige Funktionen erweitern. Einen besonderen Fokus legen wir dabei auf das Trading. Das Ziel: die comdirect App zur einzig notwendigen App für unsere Kunden machen, die möglichst alle Bedürfnisse erfüllt – bei bester Bedienbarkeit.
Ein weiteres Beispiel ist das Thema Voice. Seit 2017 haben wir einen comdirect Alexa Skill und eine Action on Google, seit 2018 kann per Sprache in der comdirect App überwiesen werden. Die Nutzerzahlen sind jedoch noch ausbaufähig – obwohl Sprachassistenten in der Gunst der Verbraucher weiter steigen. Deshalb arbeiten wir daran, ein ganzheitliches Ökosystem unabhängig von einzelnen Sprachassistenten aufzubauen. Wir als Bank müssen Kundenanliegen entgegennehmen und bearbeiten können, egal, in welcher Situation und wo auch immer sich der Kunde gerade befindet. Sprache ist nach wie vor die natürliche und einfachste Art und Weise, um miteinander zu kommunizieren. Ich bin überzeugt, dass sich Bankgeschäfte per Sprache weiter etablieren werden – genauso, wie früher am Schalter mit dem Bankberater gesprochen wurde.
Überzeugt waren wir auch von Anfang an vom mobilen Bezahlen. Als Launchpartner von Google Pay und Apple Pay in Deutschland sehen wir heute unsere Erwartungen voll bestätigt. Mobile Payment wird deswegen auch zukünftig weiter zunehmen – weil es bequem, schnell und sicher ist. Und weil es in den täglichen Alltag integriert ist, schließlich begleitet uns das Smartphone überall. Unsere Entscheidung gegen eine Insellösung und für eine Kooperation mit den BigTechs hat sich als richtig erwiesen.
Gemeinsam mehr aus dem Wettbewerb machen
Deutschlands Banken müssen endlich aus ihrem Dornröschenschlaf aufwachen und dem Bekenntnis, den Kunden und seinen Lebensstil in den Mittelpunkt zu stellen, Taten oder besser Lösungen folgen lassen. Dazu braucht es keine bahnbrechenden Innovationen, sondern den Mut, gemeinsam mit anderen Akteuren smarte Lösungen anzubieten. Ob Kooperationen, Öffnen der Kundenschnittstelle oder Verbesserungen der bestehenden Angebote – wer seinen Kunden einen echten Mehrwert bietet, braucht den zunehmenden Wettbewerb nicht zu fürchten.
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