Einzelhandel und Filialbanken haben identische Herausforderungen zu bewältigen. Die Digitalisierung verändert das Kundenverhalten und neue Anbieter erhöhen den Wettbewerbsdruck. Eine Studie identifiziert und beleuchtet sechs wichtige Trends.
Der Einzelhandel lässt sich in vielen Bereichen mit dem Markt für Finanzdienstleistungen vergleichen. Viele Entwicklungen und Herausforderungen sind mit denen im Retail Banking der Banken und Sparkassen nahezu vollständig identisch. So verändern Internet und das Smartphone das Kaufverhalten der Konsumenten und digitale Innovationen wie z.B. Chatbots stehen in den Startlöchern. Insofern sind auch Studien über den Einzelhandel und die darin vorgestellten Lösungsansätze für Banker interessant und relevant.
Ökosysteme auf dem Vormarsch
Das rasante Tempo der Veränderung durch Innovationen gibt neuen Playern die Chance, Marktanteile zu gewinnen und fordert die traditionellen Händler heraus.“
Gerd Bovensiepen, PwC
Wie die Finanzbranche, entwickelt sich der Einzelhandelsmarkt zunehmend zu einem Ökosystem aus großen etablierten Händlern und kleinen, oft digitalen Start-ups, die unter steigendem Wettbewerbsdruck um Wachstum und Überleben ringen. Für den Handel bedeutet das: Nur wer frühzeitig diesen Paradigmenwechsel erkennt und intelligenter und schneller als je zuvor investiert, wird auch in Zukunft erfolgreich sein.
Sechs Trends die den Einzelhandel verändern
Zwei aktuelle Studien der Unternehmensberatung PWC haben die aktuellen Entwicklungen analysiert und sechs Trends identifiziert, die den Handel nachhaltig verändern. Dazu wurden u.a. 25.000 Konsumenten in 29 Ländern weltweit online interviewt, darunter mehr als 1.000 deutsche Onlinekäufer.
Die folgenden sechs Trends zeigen das veränderte Konsumentenverhalten und die daraus erwachsenden Herausforderungen. Alle sechs Trends sind auch für Finanzdienstleistungen und den Bankbereich relevant, man muss nur im ersten Trend das Wort „Amazon“ durch „Direktbank“ ersetzen.
1. Amazon verändert das Kaufverhalten
90 Prozent der deutschen Online-Shopper kaufen beim Marktführer Amazon ein, 34 Prozent kaufen deswegen seltener im stationären Handel und ein Viertel shoppt daher seltener bei anderen Onlinehändlern. Unter anderem mit Amazon Prime treibt Amazon die Innovationen und Kundenzentrierung in der Branche voran. Mehr als ein Drittel sind bereits Prime-Kunde.
2. Data Analytics ist der Schlüssel zum Kunden
Kundenloyalität ist nicht (mehr) selbstverständlich. Nur gut die Hälfte der Deutschen sind loyale Kunden; die andere Hälfte bevorzugt es jedoch, regelmäßig neue Produkte auszuprobieren. Im weltweiten Vergleich ist die Loyalität der Deutschen damit recht niedrig. Händler haben daher hierzulande Schwierigkeiten, Kunden durch Loyalitätsprogramme an sich zu binden. Datenanalysen und neue Technologien sind die Basis, um kundenorientierte Loyalty-Strategien zu entwickeln.
3. Das stationäre Geschäft bleibt relevant
54 Prozent der Deutschen kaufen mindestens einmal wöchentlich im stationären Geschäft. In den meisten Produktkategorien bevorzugen deutsche Konsumenten noch den stationären Handel als Kaufkanal, allerdings mit abnehmender Tendenz. Im physischen Laden legen die Konsumenten insbesondere Wert auf gut geschultes Verkaufspersonal (77 Prozent). Außerdem schätzen sie die Möglichkeit, zu prüfen, ob die Ware in anderen Filialen oder im Onlineshop verfügbar ist. In beiden Bereichen sind die Kunden mit dem aktuellen Niveau im Einzelhandel nicht zufrieden. Showrooms sind für Händler eine gute Option, um mit Beratungskompetenz zu punkten und den Online-Handel zu stützen.
4. Mobile Shopping ist im Kaufprozess fest verankert
Mittlerweile sucht fast jeder zweite deutsche Verbraucher (46 Prozent) Produkte über das Smartphone. 38 Prozent kaufen mindestens einmal im Monat per Smartphone ein. Verbraucher beklagen jedoch, dass die mobilen Seiten häufig wenig nutzerfreundlich sind und das kleine Display des Smartphones das Shoppen erschwert. Neue Technologien wie Chatbots bieten die Chance, individuell mit den Konsumenten zu kommunizieren und das mobile Einkaufen komfortabler zu gestalten.
5. Social Media lohnt sich
Soziale Medien haben sich etabliert: 43 Prozent der 18- bis 34-Jährigen nutzen regelmäßig Facebook & Co. als Inspirationsquelle für ihre Käufe. Doch auch die Altersgruppe der über 35-Jährigen setzt im Einkaufsprozess immer häufiger auf Social Media. Ein direkter Kauf über eine Social-Media-Plattform erfolgt allerdings eher selten. Insbesondere Storytelling ist eine gute Möglichkeit für Händler, die Aufmerksamkeit der Konsumenten zu erreichen und eine spannende Geschichte rund um ihr Produkt zu erzählen.
6. Datensicherheit ist für Kunden wichtig
Das Risiko von Cyberattacken steigt. Deutsche Konsumenten sind sich dieser Gefahr bewusst: 61 Prozent kaufen online nur bei Unternehmen, denen sie vertrauen. 67 Prozent wählen nur vertrauenswürdige Zahlungsanbieter aus. Um das Vertrauen der Verbraucher aufrecht zu erhalten und die Reputation zu schützen, müssen Händler in sichere Systeme und Prozesse investieren. Tun sie dies nicht, drohen bei nur einem Sicherheitsvorfall ein dauerhafter Imageschaden und der Verlust einer kritischen Menge an Kunden. Der Vertrauensaufbau ist ein langwieriger Prozess, wohingegen der Vertrauensverlust bei einem ernsten Vorfall rapide eintritt. Hinzu kommt: Der Anbieterwechsel ist im Netz nur einen Klick entfernt.
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