So funktioniert Venture Debt

Start-up-Finanzierung in der Corona-Krise

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Die Folgen der Corona-Pandemie machen vielen Startups zu schaffen. Weil bei Venture Debt die Beteiligungsstruktur im Gegensatz zu anderen Finanzierungsformen unverändert bleibt, greifen immer mehr Gründer darauf zurück. Dabei gilt es einiges zu beachten.

Start-up-Finanzierung in der Corona-Krise

Start-ups stehen bei der Finanzierung in der Corona-Krise vor besonderen Herausforderungen.

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Sich frische Finanzmittel durch Eigenkapital zu beschaffen, ist für viele Unternehmen der normale Weg, um weiter investieren und wachsen zu können. Risikoinvestoren oder VCs erwerben dabei Kapitalbeteiligungen an jungen, innovativen, nicht börsennotierten Unternehmen, die selten profitabel sind, die Finanzspritze aber für ihr weiteres Wachstum benötigen. Doch die Eigenkapitalkosten schwanken in den Konjunkturzyklen der Innovationswirtschaft erheblich. Immer wieder gibt es Phasen, in denen Eigenkapital am Markt knapp ist. Hinzu kommt, dass Investoren im Zuge der anhaltenden Corona-Krise auch vorsichtiger geworden sind. Bestimmte Branchen und Geschäftsmodelle haben schlicht an Attraktivität eingebüßt.

Auch klassische Kredite erweisen sich in der Praxis oft als schwierig, denn der Großteil wird auf der Grundlage des erwirtschafteten Cash-Flows gewährt. Dieser fällt bei jüngeren Unternehmen allerdings fast immer negativ aus. Das gilt natürlich umso mehr in der aktuellen Krise. Kreditgeber fordern im Normalfall zudem finanzielle Nachweise über die zurückliegenden drei Jahre in Form von Jahresabschlüssen – Auflagen, die Jungunternehmen nur selten erfüllen können. Auch setzen Tech-Unternehmen häufig auf sogenannte Asset-Light- und Zero-Inventory-Geschäftsmodelle, bei denen alles, was hohe Investitionen erfordert, im Zweifel an Zulieferer ausgelagert wird oder erst gar nicht notwendig ist, weil ihre Produkte rein digital sind.

So kann Venture Debt helfen

An diesem Punkt setzt das Konzept Venture Debt an: Im Fokus stehen Unternehmen, die meist schon über die Frühphase hinausgewachsen sind, sich erfolgreich mit Eigenkapitalgebern finanzieren konnten, nun aber die Beteiligungsstruktur nicht massiv verwässern wollen. Anstatt sich auf den historischen Cash-Flow oder das Betriebskapital als Rückzahlungsquelle zu konzentrieren, betont Venture Debt die Fähigkeit des Kreditnehmers, zusätzliches Kapital zur Finanzierung des Wachstums und zur Rückzahlung der Schulden aufzubringen. Dahinter steht der Gedanke, dass Fremdkapital deutlich billiger ist als Eigenkapital. Die durchschnittlichen Kapitalkosten sinken und rechtfertigen damit den Kredit. Können Absicherungen gestellt werden, ist das natürlich ebenfalls hilfreich.

Venture-Debt-Kapital gibt Wachstumsunternehmen vor allem Flexibilität und verlängert die Wirkung des eingesammelten Eigenkapitals. Ein enormer Vorteil in der Krise. Außerdem ist dieses zusätzliche Risikokapital aus der Sicht der Investoren ein positives Zeichen: Die Liquidität des Portfoliounternehmens wird vergrößert, es steigert zudem die Dynamik und zahlt andererseits auf die eigene Reputation ein. Genau wie Eigenkapital kann Venture Debt einen wertvollen Beitrag für die Weiterentwicklung, etwa neuer Innovationen oder zur Erweiterung des Teams, leisten. Es kann gleichzeitig als Absicherung gegen Performance-Einbrüche oder Bewertungshürden gesehen werden.

Für diese Unternehmen ist Venture Debt geeignet

Der typische Venture-Debt-Kreditnehmer ist ein schnell wachsendes Unternehmen, das zum Beispiel Geld von Risikokapitalgesellschaften eingesammelt und bereits eine genaue Strategie für die weitere Kapitalbeschaffung hat. Dabei steht das Unternehmen idealerweise auch finanziell nicht mehr ganz am Anfang und hat schon Series-A-Fundings in Höhe von mindestens fünf Millionen Euro erzielt: Das Geschäftsmodell sollte sich als tragfähig und skalierbar erwiesen haben, umgesetzt von einem erfahrenen Management-Team. Umsatz und Kundenstamm sollten ein nachhaltiges Wachstum aufweisen. In dieser Phase können normalerweise geschäftskritische Technologie-Risiken ausgeschlossen werden.

Welche Kriterien im Detail welche Gewichtung erhalten, hängt eng von dem jeweiligen Unternehmen und dessen konkreter Situation ab. Die Höhe der Risikokredite richtet sich im Allgemeinen nach der Höhe der Eigenkapitalrunde und der aktuellen und prognostizierten Cash-Burn-Rate.

Das ist der richtige Zeitpunkt für Venture Debt

Eine Venture-Debt-Finanzierung wird typischerweise mit einer traditionellen Eigenkapitalrunde verbunden. Oft laufen beide Verhandlungen kurz nacheinander ab, zwischen den Abschlüssen sind oft nur wenige Wochen oder Monate. Auf den ersten Blick mag es unsinnig erscheinen, genau dann Risikoschulden aufzunehmen, wenn sowieso gerade neues Kapital ins Unternehmen gespült wird. Doch in vielen Fällen kann die Schuld mit einer verlängerten „Ziehungsperiode“ strukturiert werden, sodass das Darlehen nicht sofort zurückgezahlt werden muss. Unabhängig davon, wann das Darlehen tatsächlich finanziert werden soll, sind Bonität und Verhandlungsspielraum des Unternehmens unmittelbar nach dem Schließen des neuen Eigenkapitals am höchsten. Zudem ist der Zusatzaufwand in dieser Phase am geringsten: Der Venture-Debt-Anbieter kann die meisten Inhalte der für die Eigenkapitalrunde erstellten Investoren-Due-Diligence nutzen.

Das sollten Unternehmen bei der Auswahl des Kreditgebers beachten

Kaum ein Unternehmen wächst genau so, wie es im ursprünglichen Businessplan einmal erdacht worden ist. Das gilt umso mehr in so unsicheren Zeiten wie heute. Fremdkapital, das ohne traditionelle Sicherheiten vergeben wird, kann hier ein finanzieller Puffer und gleichzeitig Wachstumsbeschleuniger sein. Aber nicht um jeden Preis: Genau wie die Fremdkapitalgeber ihre potentiellen Kreditnehmer vorab genau unter die Lupe nehmen, sollten Unternehmen bei der Wahl des Finanzier genau abwägen. Branchenerfahrung, Transparenz und Zuverlässigkeit sind wichtige Kriterien für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Fragen nach einer soliden Erfolgsbilanz als Venture-Debt-Anbieter sind ebenso angebracht wie Diskussionen vor Vertragsabschluss darüber, was passiert, wenn die Performance sich unplanmäßig entwickelt, Meilensteine nicht erreicht werden oder andere Engpässe auftauchen. Um sich bei der Auswahl wirklich sicher zu sein, kann es für Jungunternehmer an dieser Stelle durchaus sinnvoll sein, sich mit anderen Gründern über ihre Erfahrungen auszutauschen. Ebenso wichtig ist es, schon beim Abschluss an die Zeit nach dem Venture Debt zu denken. In der Praxis bedeutet das, dass sich Start-ups fragen müssen: Kann der jeweilige Kreditgeber eventuell auch mit Folgekreditprodukten, z.B. Working Capital, Growth Financing oder Corporate Financing zu verbesserten Konditionen unterstützen? Wie krisenerprobt ist er? Denn nur ein Partner, der über die Erfahrung und Fähigkeit verfügt, flexibel und auch in Krisensituationen ruhig zu bleiben, ist langfristig der richtige.

Fazit: Venture Debt als interessante Finanzierungsoption

Für schnell wachsende Unternehmen, die in der Krise dringend Kapital benötigen, ist Venture Debt eine gute Möglichkeit, die Zeit bis zur nächsten Finanzierungsrunde zu verlängern. Das bietet den Vorteil, dass zunächst keine weiteren Unternehmensanteile veräußert werden müssen. Wichtig ist jedoch, bei der Wahl des Kreditgebers genau hinzuschauen und am besten auf einen erfahrenen Partner zu setzen.

Über den Autor

Christian Hoppe

Christian Hoppe ist Managing Director der deutschen Niederlassung der Silicon Valley Bank. Zuvor war er u.a. im Corporate Banking der Commerzbank und als Gründer und Geschäftsführer des Main Incubators sowie als Geschäftsführender Gesellschafter der Anleihen Finder GmbH tätig.

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