Vergesst die Effizienz!

Mehr Kundenservice mit Künstlicher Intelligenz

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Banken müssen weg vom einseitigen Effizienzdenken hin zum nachhaltigen Umgang mit Kundenanliegen. Technologie kann dazu beitrage, den Fokus verstärkt auf den Kunden zu legen. Eine Schlüsselrolle spielen dabei die Kontaktgründe sowie KI-gestützte Hilfsmittel.

Technologie macht Kundenservice in Banken intelligenter

Technologie macht Kundenservice in Banken intelligenter.

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Die Diskussion um die Leistungen des Kundenservice hat endlich das Management erreicht. Gerade Banken realisieren, dass sie bei der Verbesserung Ihrer Customer Experience (CX) nicht weiterkommen, solange sich Kunden über lange Wartezeiten, ungelöste Anliegen und kurzangebundene Mitarbeiter am Telefon beschweren. Gleichzeitig nehmen sie wahr, dass sowohl die andauernde Effizienzorientierung als damit auch das Einsparungspotential im Kundenservice an seine Grenzen gelangt ist.

Der Krankenstand ist mit im Durchschnitt 10,2 Tagen pro Jahr auf dem Level von Mitarbeitern doppelt so hoch, wie der von Teamleitern oder Stabsstellen. Die produktive Kundenzeit liegt mittlerweile nur noch bei 68 Prozent. Das zeigt das Service-Excellence-Cockpit.

Digitale Tools werden (abseits des E-Banking) wenig genutzt.

Diese Zahlen belegen, dass bei der Steuerung von Kundenserviceeinheiten dringend umgesteuert werden sollte. Viele Unternehmen versuchen daher, Kundenkontakte durch digitale Self-Service-Tools oder Bots zu beantworten. Auch sind Bots heute schon sehr erfolgreich. Chatbots beantworten mehr als zwei Drittel der an sie gerichteten Fragen, wie eine Studie von Forward Benchmark und der HSLU zeigt.

Nur: Wenn in Deutschland, der Schweiz und Österreich lediglich zwei bis vier Prozent aller Anfragen an Banken per Chat gerichtet wird, helfen solche Tools nur marginal. Es fehlt offensichtlich weithin an Verständnis dafür, wie Technologie eingesetzt werden sollte, um wirklich kundenorientiert agieren zu können.

Analyse von Kundenkontaktgründen als Voraussetzung

Der Schlüssel zur Entwicklung einer solchen Strategie liegt in einem vertieften Verständnis der Kundenkontaktgründe und dem damit verbundenen Kontaktvolumen über das gesamte Unternehmen. Wir haben in den letzten vier Jahren in über 50 Organisation immer wieder Listen von Kundenkontaktgründen gesehen, die aus verschiedenen Gründen ungeeignet waren, um die Automatisierungsentscheidung fundiert zu treffen. Dabei sind uns vor allem Kontaktgrundlisten aufgefallen, die

  • Mehr über 100 Einträge umfassten, wobei in der Auswertung mehr als 50 Prozent der Kontakte als „Sonstiges“ oder „Allgemein“ klassifiziert wurde.
  • Produktorientiert und nicht kundenorientiert zu Statistikzwecken geführt wurden, und wenig aussagekräftig sind.
  • Vor mehr als 10 Jahren erstellt wurden und auf der beispielsweise alle Kontaktgründe fehlen, die sich auf digitale Touchpoints des Unternehmens beziehen. Gartner hat jedoch schon 2019 darauf hingewiesen, dass schlechte Umsetzung von digitalen Kundenkontaktpunkten zu einem erheblichen Mehraufwand am Telefon führen. Wir führen das auf die Entwicklung digitaler Tools in Silos der Banken zurück.

Spezialisten sind zu häufig im Call belegt

Zusätzlich stellen wir im Austausch mit Banken fest, dass zurzeit vermehrt auch bspw. Produkt- oder Portfolio-Spezialisten wieder einen Großteil ihrer Zeit mit Kundenkontakten verbringen. Gesamthaft sind dies Indikatoren dafür, dass der Scope und die Inhalte des Kundenservices lange nicht überarbeitet worden sind.

Weiterhin ist festzustellen, dass Contact Centers sich nicht integriert mit den Marketingabteilungen oder der Unternehmenskommunikation gerade großer Banken austauschen. Wie viele Anrufe oder MKIls könnten beispielsweise vermieden werden, wenn Kunden ihre Anfragen schon auf der Website beantwortet bekommen?

Jedes MKIl ist ein Versagen der Website. Dr. Uwe Stuhldreier, HUK24

Recht hat er. Nur muss dafür produktübergreifend klar sein, wie viele Kunden anrufen, weil sie etwas nicht gefunden oder falsch verstanden haben. Und diese Untersuchung sollte man regelmäßig machen. Gleiches gilt für den Massenversand von Kampagnen aus dem Marketing oder Abrechnungen oder Auszüge aus dem Vertragswesen oder Operations. Eine staatliche Informationsstelle stellte jüngst fest, dass sie zwei Drittel der Mitarbeiter ihres Kundendienstes damit beschäftigt, Nachfragen von Kunden zu Kampagnen oder Abrechnungen zu beantworten. Im Kundenkontakttool wurde dieser Sachverhalt als „Allgemein“ erfasst.

KI-gestützte Tools helfen bei der Personalisierung

Sind Kundenkontaktgründe und die dazu gehörigen Volumina Touchpoint-spezifisch erst akkurat erfasst, existieren heute jedoch fantastische technische Möglichkeiten, Kundenkontakte zu automatisieren, zu vereinfachen oder sogar komplett zu vermeiden. Hat man beispielsweise verstanden, welche Zielgruppen Verständnisprobleme mit Abrechnungen haben, können generative KI-Tools wie ChatGPT dabei unterstützen in Kürze passende Texte für eine bestimmte Zielgruppe (bspw. Best Ager oder Generation Z) zu verfassen, um diese im Erstkontakt ideal „abzuholen“. Service und Marketingautomation wächst anhand dieses Beispiels ideal zusammen.

Auch kann KI im telefonischen Kundenkontakt das persönliche Gespräch besser und schneller gestalten. Fast alle Hersteller großer Kontaktmanagement-Systeme fokussieren sich heute darauf, die Kundenhistorie eines Anrufers bei Rufnummernerkennung zu scannen und daraus Rückschlüsse auf mögliche Anrufgründe zu ziehen. So sind die Systeme in der Lage, zunächst aufgrund der hinterlegten Skills der Mitarbeiter den passenden Agent zu wählen und diesen im Anschluss mit den wichtigsten Informationen (Rechnungen oder einer Anleitung zur Nutzung bspw., des Mobile Bankings oder Informationen zu einem passenden Anlageprodukt) zu versorgen.

Textanalyse wird unterschätzt

Die aus unserer Sicht wichtigste Anwendung von KI ist jedoch die Sprach- oder Textanalyse. Gerade, um die vernachlässigte Liste der Anrufgründe neu zu verfassen, kann ein systematischer Scan der Kundenkontakte einer bestimmten Periode sehr hilfreich sein. Doch vorher und anschließend geht es knallhart um Führung. Vorher, weil Manager den Nutzen eines Reviews der Kundenkontakte beschließen müssen. Ein hoher Arbeitsrückstand, Krankenstand oder Mitarbeiterchurn im Contact Center können dafür ein Indikator sein. Nachher, weil die Kundenkontaktgründe auch weiter erfasst werden müssen, um so strategisch und langfristig daran arbeiten zu können, Kontakte systematisch entweder zu reduzieren oder ein fantastisches Kundenerlebnis zwischen Mitarbeiter und Kunde möglich zu machen. Gute Beispiele dafür gibt es zuhauf.

Über den Autor

Prof. Dr. Nils Hafner

Prof. Dr. Nils Hafner ist internationaler Experte für die Etablierung profitabler Kundenbeziehungen, Professor an der Hochschule Luzern und Herausgeber des CEX Trendradar. Er beschäftigt sich seit 25 Jahren mit den Auswirkungen von Kundenkontaktmanagement auf die Customer Experience.

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