Fonds- und Asset Manager können über ihre Beteiligungen die zukünftige Strategie der Portfoliounternehmen maßgeblich mitbestimmen. Wird dieser Einfluss im Sinne der nachhaltigen Transformation genutzt und lässt sich das Engagement diesbezüglich verbessern?
Die Vereinten Nationen einigten sich 2015 in Paris auf die Begrenzung der Erderwärmung von 1,5 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau. Die Non-Profit-Organisation Carbon Disclosure Project (CDP) hat errechnet, dass die aktuellen Pläne der Unternehmen in den G7-Staaten lediglich für eine Begrenzung von 2,7 Grad Celsius ausreichen werden.
Wenn die nächsten Generationen eine lebensfreundliche Erde vorfinden sollen, dann müssen sich unsere Anstrengungen deutlich steigern. Dies wird eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein, bei der insbesondere der Kapitalmarkt und die Sustainable Finance eine entscheidende Rolle spielen.
Engagement in Deutschland wenig genutzt
Fonds- und Asset Manager halten über die von ihren Kunden treuhänderisch anvertrauten Gelder gewichtige Anteile an den investierten Portfoliounternehmen und können deren zukünftige strategische Ausrichtung maßgeblich beeinflussen. Sie können die Unternehmen bei der nachhaltigen Transformation unterstützen und somit einen wertvollen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele leisten.
Durch Abstimmung auf der Hauptversammlung (HV), Einreichung eigener Anträge oder direkten Dialog mit den Unternehmen können die Vermögensverwalter zum Beispiel bestimmte nachhaltige Projekte oder Investitionen anstoßen. Diese als „Voting and Voicing“ bezeichneten Aktivitäten fallen unter ein aktives und verantwortungsbewusstes Aktionärsengagement („Shareholder Engagement“).
Doch gerade für Deutschland zeigen regelmäßig Untersuchungen, dass die deutschen Asset Manager derartige ESG-Anträge nur selten auf den HVs stellen und ihre Stimmen oftmals gar nicht ausüben. Bei ihren US-amerikanischen Kollegen kommen Vote-on-Climate-Anträge dagegen häufiger auf die Tagesordnung. In der letzten deutschen HV-Saison wagte immerhin der kleine aktivistische Investor Enkraft Capital auf der Aktionärsversammlung von RWE einen ESG-Antrag zu stellen und forderte darin die Abspaltung des Braunkohlegeschäfts des Versorgers. Der Antrag wurde schließlich mit 97,56 Prozent Gegenstimmen klar abgelehnt, auch wegen der Nein-Stimmen der hiesigen großen Asset Manager.
Steigende Nachfrage von zunehmendem Greenwashing begleitet
Dabei läge es im Sinne der Kunden der Vermögensverwalter, da sie zunehmend nachhaltige Geldanlagen bevorzugen und ihr Kapital verantwortungsbewusst investieren möchten. So liegt die Nachfrage bei nachhaltigen Publikumsfonds laut dem aktuellen Nachhaltigkeitsbericht des deutschen Fondsverbandes BVI etwa gleichauf mit der Nachfrage nach Geldanlagen ohne Nachhaltigkeitsbezug.
Allerdings sehen sich die Fondsgesellschaften verstärkt dem Vorwurf des Greenwashings ausgesetzt. Sie sollen sich aus Marketingzwecken nach Außen nachhaltiger geben, als sie tatsächlich sind. Zuletzt kritisierten Greenpeace, Urgewald und Reclaim Finance die vier größten deutschen Asset Manager DWS, AGI, Deka und Union Investment, weil sie insgesamt noch über 13 Mrd. Euro in Kohle, Öl und Gas investiert sind. Obwohl sie sich der Net Zero Asset Managers Initiative (NZAM) angeschlossen haben und sich zum 1,5-Grad-Ziel von Paris bekennen, habe bisher keine einzige Fondsgesellschaft eine Engagement-Strategie zum Kohleausstieg formuliert.
So könn(t)en Vermögensverwalter die Transformation beschleunigen
Eine im September veröffentlichte empirische Untersuchung hat über 100 Experten aus dem Asset Management zur Nachhaltigkeit in der Branche befragt und gezeigt, wie diese insbesondere hinsichtlich des Shareholder Engagements verbessert werden könnte. So sollten Asset Manager mutiger in ihren nachhaltigen Investmentstrategien und vor allem bei der Formulierung von ESG-Anträgen sein. Vor dem Hintergrund prominenter Greenwashing-Skandale mit hoher medialer Aufmerksamkeit, sollten sie zudem ihre Glaubwürdigkeit durch eine deutlich erhöhte Transparenz wieder herstellen.
Daneben gilt es auch die Sustainable-Finance-Expertise weiter auszubauen und in Engagement-Abteilungen zu investieren. Bislang beschränkt sich dies eher auf die großen Asset Manager, da sich die kleineren Vermögensverwalter das kostspielige und langfristige Engagement oft nicht leisten können. Gerade für die kleineren Asset Manager würde daher eine Kooperations-Plattform von Vorteil sein, auf der sich die Fondshäuser bei ihren Engagement-Aktivitäten zusammenschließen und dabei nicht nur Ressourcen schonen, sondern auch die Effektivität der Engagements steigern könnten.
Zahlreiche Beispiele der internationalen Engagement-Plattform der von der UN gegründeten Investoreninitiative Principles for Responsible Investment (PRI) zeigen den Erfolg derartiger Kooperationen. Hilfreich sei darüber hinaus auch die Etablierung eines einheitlichen Stewardship Kodex mit Engagement-Richtlinien analog des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) mit einem Comply-or-Explain-Ansatz. In Großbritannien oder den Niederlanden konnten einheitliche Richtlinien für Asset Manager die Entwicklung eines nachhaltigen Finanzmarkts bereits maßgeblich fördern.
Empfehlungen an die Politik
Die Studie gibt auch Handlungsempfehlungen an die Politik, die sich auf die weitreichenden gesetzlichen Regeln bei Acting in Concert beziehen. Die so bezeichnete informelle Zusammenarbeit von Investoren wird im deutschen Kapitalmarktrecht zum Schutz des Kleinaktionärs besonders streng sanktioniert und hält deshalb Vermögensverwalter vor Kooperationen zurück. Dies bestätigen rund 60 Prozent der Asset Manager in der Befragung.
Der Gesetzgeber sollte daher dringend diese Sanktionen lockern, damit der Weg für eine Engagement-Plattform freigemacht werden könne. Auch der Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung hat im Frühjahr 2021 bereits diese Forderung aufgestellt und arbeitet mittlerweile an der Konzeptionierung einer solchen Kollaborationsplattform, die den Namen GEPSI (German Engagement Platform for Sustainable Impact) tragen soll. Immerhin wurde nun Anfang März bekannt, dass die BaFin eine solchen Engagement-Plattform befürworte und ggf. Anpassungen im Kapitalmarktrecht prüfe.
Derartige Kooperationen würden jedoch nicht nur den Asset Managern zugutekommen, sondern auch bei den Emittenten selbst Ressourcen schonen, da diese die Kommunikation auf wenige Investoren beschränken können, wenn sie nicht mehr mit jedem einzelnen sprechen müssen. Die Studie empfiehlt darüber hinaus, dass auch die Unternehmen ihre Expertise in Sustainable-Finance-Themen weiter ausbauen sollten. Nachhaltigkeit müsse die Governance-Strukturen auf beiden Seiten durchdringen und insbesondere in den Gremien fest verankert sein. Eine Forderung, der bereits mit der neusten Novelle des DCGK in Teilen Rechnung getragen wurde.
Fazit: Asset Manager sind in der Pflicht
Kunden von Vermögensverwaltern möchten mit ihren Ersparnissen die Unternehmen bei der nachhaltigen Transformation unterstützen. Wenn aber Asset Manager Greenwashing betreiben und ihre fiduziären Pflichten nicht erfüllen, riskieren sie nicht nur die Kundengelder zu verlieren, sondern setzen auch die Zukunft des Planeten aufs Spiel.
Die Wahrscheinlichkeit, dass das 1,5-Grad-Ziel doch noch eingehalten werden kann, wird von verschiedenen Klimaforschern zwischen 10 und 50 Prozent errechnet. Die Bekämpfung des Klimawandels bleibt zwar eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, allerdings wird sie ohne die Hilfe des Kapitalmarkts und insbesondere ohne ein nachhaltiges und glaubwürdiges Asset Management nicht gelingen.