Viele Unternehmen korrigierten ihre Umsatz- und Gewinnprognosen im ersten Halbjahr 2022 mehrmals nach oben – fast drei Mal so oft wie nach unten. Die Füße aber legen sie noch nicht hoch, im Gegenteil: Sie wappnen sich für den Abschwung. Das zeigt eine aktuelle Studie.
Zuerst die schlechte Nachricht: Im Laufe der ersten Jahreshälfte 2022 korrigierten viele deutsche Unternehmen ihre Prognosen nach unten. Die Zahl der Gewinn- oder Umsatz-Warnungen von DAX-, MDAX-, und SDAX-Unternehmen stieg auf 26 (Vorjahreszeitraum: acht). Davon entfielen sieben Warnungen auf DAX-Unternehmen, sechs auf MDAX-Unternehmen und 13 auf Betriebe, die im SDAX gelistet sind. Das zeigt eine Untersuchung der Unternehmensberatung Ernst & Young.
Im ersten Quartal registrierte man demnach acht Warnungen – im zweiten Quartal stieg die Zahl auf 18. Insgesamt liege die Zahl der Warnungen allerdings deutlich unter dem bisherigen Rekordwert von 95 (1. Halbjahr 2020), als der Ausbruch der Corona-Pandemie dazu führte, dass viele Unternehmen ihre Prognosen einkassieren mussten.
Fast dreimal so viele Aufwärtskorrekturen
Jetzt kommt die gute Nachricht: Trotz der unsicheren Lage der Geopolitik standen den 26 Negativ-Korrekturen im ersten Halbjahr 2022 fast dreimal so viele Aufwärtskorrekturen gegenüber. In 74 Fällen verkündeten Betriebe, ihre Erwartungen in Sachen Umsatz oder Gewinn voraussichtlich zu übertreffen. Im Vorjahreszeitraum lag diese Zahl bei 83. Sowohl in Bezug auf negative wie positive Korrekturen sei die erste Jahreshälfte 2022 das zweitaktivste erste Halbjahr seit Beginn der Analyse im Jahr 2011 gewesen, wie es darin heißt.
64 (46 Prozent) der 160 analysierten Unternehmen korrigierten schon im ersten Halbjahr dieses Jahres ihre Prognose nach oben. Mindestens eine positive Korrektur der Prognose verzeichneten 33 Prozent der Betriebe. Sowohl mindestens eine negative als auch mindestens eine positive Korrektur gaben drei Prozent von ihnen aus. Mindestens eine negative Prognose-Änderung hatten elf Prozent der Unternehmen bekannt zu geben. 54 Prozent der Betriebe hatten offenbar passable Prognosen formuliert und machten keine Änderung.
Der Grund für die Aufwärtskorrekturen seien vor allem hohe Auftragsbestände, hohe Preise und anhaltende Lieferschwierigkeiten bei einer bis zuletzt starken Nachfrage. Diese Faktoren hätten sich in Summe positiv auf die Gewinnentwicklung vieler Unternehmen ausgewirkt – was zu einer entsprechend großen Zahl an positiven Prognosekorrekturen geführt habe.
Jetzt nicht die Füße hochlegen
Nach Ansicht der Studienautoren gibt es dennoch keinen Grund, fahrlässig zu werden. Die Spannbreite der Szenarien nämlich sei enorm: Sie reiche von einer mäßigen Konjunkturentwicklung bis hin zu massiven Engpässen bei der Versorgung mit Erdgas. Das hätte katastrophale Folgen für die Produktion und brächte weitreichende Einschränkungen für Privathaushalte mit sich. Inflation und Zinswende trügen zur Verschärfung bei.
Die Wahrscheinlichkeit dieser Szenarien lasse sich allerdings kaum seriös berechnen. Für Unternehmen sei es deshalb schwierig, belastbare Prognosen abzugeben – Investoren und Analysten hängen erstmal in der Luft.
Die Vorbereitung auf den Abschwung läuft
Bislang ist die Geschäftsentwicklung bei der Mehrzahl der Unternehmen zufriedenstellend. Allerdings trieben die Unternehmen Sorgen um, etwa bei der Versorgung mit Erdgas. Man beobachte, wie sich die Wirtschaft auf das Worst-Case-Szenario vorbereite. Es gehe jetzt darum, sich auf einen Gasmangel einzustellen – und Zulieferer wie Abnehmer auf Schwachstellen zu durchleuchten.
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