Nach zwei sehr mageren Jahren wird die Weltwirtschaft wieder etwas an Fahrt gewinnen, so die 15 Chefvolkswirte des Ausschusses für Wirtschafts- und Währungspolitik des Bankenverbandes in ihrer Konjunkturprognose vom März 2017.
Alle sechs Monate führt der Bundesverband privater Banken eine Umfrage zu den Aussichten der weltweiten und deutschen Konjunktur durch. Befragt werden die 14 Chefvolkswirte von privaten Banken, die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschafts- und Währungspolitik sind.
Die aktuelle Frühjahrs-Konjunkturprognose 2017 zeigt, dass von den weltweiten Konjunkturindikatoren derzeit positive Signale kommen. Zunehmende protektionistische Tendenzen könnten allerdings zu einer Beeinträchtigung der Weltwirtschaft führen.
Deutschland auf Wachstumskurs
Für Deutschland prognostizieren die Chefvolkswirte der privaten Banken in ihrer Gemeinschaftsprognose in diesem wie im kommenden Jahr ein Wirtschaftswachstum, dessen jährliche Grunddynamik mit etwa 1,7 Prozent mehr oder weniger auf dem Niveau der vergangenen beiden Jahre liegen wird. Wachstumsmotor bleibt der private Konsum.
Mit Blick auf die deutsche Wirtschaftspolitik besteht Skepsis gegenüber den jüngsten Vorschlägen, die Reformen der Agenda 2010 weiter zurückdrehen zu wollen. Eine längere Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes ist nicht dazu geeignet, die inzwischen auch hierzulande entbrannte Debatte um vermeintliche Globalisierungsverlierer und unerwünschte Verteilungsergebnisse zu entschärfen. Gerade ein längerer Arbeitslosengeldbezug für ältere Menschen könnte zu einer Art Frühverrentungsprogramm werden, das für die Beitragszahler sehr teuer wäre und den Fachkräftemangel der Unternehmen vergrößern würde.
Dr. Michael Kemmer zu den volkswirtschaftlichen Herausforderungen
Die besonders großen wirtschaftspolitischen Herausforderungen liegen vor allem auf zwei Feldern, so Dr. Michael Kemmer, Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstands:
„Erstens gilt es, die Investitionstätigkeit in Deutschland nachhaltig zu stärken, und zweitens die inzwischen auch von mehreren internationalen Institutionen kritisierte Unwucht bei der Chancengleichheit in Deutschland anzugehen. Wer das verbessern will, muss den Fokus eindeutig auf die Bildung legen.“
Wirtschaftspolitisch wird es nun wichtig, gemeinsam mit anderen Handelsnationen entschieden auf die Nachteile einer protektionistischen Politik hinzuweisen. „Internationaler Handel ist kein Nullsummenspiel. Wer glaubt, mit politischem Druck Vorteile für das eigene Land auf Kosten der Handelspartner erzielen zu können, wird damit früher oder später scheitern. Die aktuellen wirtschaftlichen Probleme lassen sich nicht rückwärtsgewandt lösen“, so Kemmer.
Große kommunikative Herausforderungen sieht er auch bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Die außerordentlich starken geldpolitischen Impulse der EZB sind angesichts des Wirtschaftswachstums und der Preisperspektiven nicht mehr nötig. Kemmer führt dazu aus: „Das gilt erst recht, da von der ultra-expansiven Geldpolitik kaum noch positive Konjunktureffekte zu erwarten sind und die Risiken und Nebenwirkungen deutlich zunehmen.“
Der Gefahr, dass eine weniger expansive Geldpolitik zu einer Überreaktion bei den Kapitalmarktzinsen führt, sollte die EZB mit einer gut vorbereiteten und überzeugenden Kommunikationsstrategie begegnen.
„Wird die Ausstiegsdebatte von der EZB hingegen weiterhin zum Tabu erklärt, wächst das Risiko, dass die Kapitalmarktzinsen in einigen Monaten erst recht kräftig steigen“, bekräftigt Kemmer.
Die Ergebnisse der Umfrage „Konjunktur und Wirtschaftspolitik“ können Sie hier direkt herunterladen.
Ein Factsheet mit einer Übersicht zur Prognose finden Sie hier.
Auf der Seite des Bankenverbandes finden Sie außerdem ein umfangreiches Dossier zur Konjunkturprognose.