Banken und Sparkassen sollten froh und dankbar sein, wenn Kunden heutzutage aus eigenem Antrieb eine Filiale zwecks Beratung besuchen wollen. Doch leider scheint dies nicht immer der Fall zu sein, wie das heute geschilderte Erlebnis beweist.
Hintergrund
Die Zukunft der Bankfiliale steht bekanntlich auf dem Prüfstand. Kundenunfreundliche Öffnungszeiten, mangelnde Beratungsqualität und schlechter Service führen dazu, dass Kunden immer mehr ins Internet abwandern. Die Banken und Sparkassen spüren auf der anderen Seite den immer höher werdenden Kostendruck. Man sollte also meinen, dass sich eine Bank freut, wenn ein Kunde von sich aus um einen Beratungstermin nachsucht. Aber ist das auch so?
Wie man ohne eigenes Zutun Kunde von drei Banken wird
Vor kurzem saß ich mit einem guten Bekannten (Nichtbanker!) beim gemeinsamen Abendessen. Im Verlauf des Abends kamen Stephan und ich irgendwie auch auf Banken und deren Servicequalität zu sprechen. Seine Erfahrungen dabei möchte ich Ihnen nicht vorenthalten.
Vor Jahren hatte Stephan ein Konto bei der Advance Bank eröffnet. Sie erinnern sich: Das war der Versuch der Bayerischen Vereinsbank ins Direktbankgeschäft einzusteigen. Eine Besonderheit dabei sollte die telefonische Beratung werden. So ganz erfolgreich war dieser Versuch nicht.
Aber auch andere hatten ihre Probleme mit dem Direktbankgeschäft. Nachdem die Dresdner Bank es nicht geschafft hatte, ein eigenes Direktbankprojekt zum Laufen zu bringen – es sollte den Markt epochal verändern – entschied man sich, 1998 die Advance Bank zu kaufen.
Leider war auch dieser Weg nicht von Erfolg gekrönt und 2003 ging die Advance Bank sang- und klanglos in der Dresdner Bank unter. Nun wissen wir inzwischen, dass auch die Dresdner Bank selbst in ihrer fast 140-jährigen Geschichte nicht nur Erfolge zu verzeichnen hatte und (wenngleich nicht ganz ohne Nebengeräusche) 2009 in der Commerzbank auf- bzw. unterging.
Somit fand sich Stephan ganz ohne eigenes Zutun als Kunde der Commerzbank wieder. Nicht ganz selbstverständlich für jemand, der ursprünglich bewusst bei einer Direktbank Kunde wurde, aber immerhin auch eine Chance für die Filialbank, ihre Kompetenz und den Nutzen ihrer Filialen für den neugewonnenen Kunden unter Beweis zu stellen.
Versuch einer Terminvereinbarung
Tatsächlich hat Stephan versucht, in den Genuss eines Beratungsgesprächs zu gelangen. Telefonisch vereinbarte er via Call Center einen Termin mit einer Frau Müller (Name geändert) und kam auch pünktlich zum vereinbarten Termin in die Filiale. Eine Mitarbeiterin begrüßte ihn dort freundlich, staunte aber nicht schlecht, als sie von seiner Terminvereinbarung mit Frau Müller erfuhr, war diese doch schon ein halbes Jahr krankgeschrieben. Ein Blick in den elektronischen Kalendern von Frau Müller zeigte aber, dass der Termin dort ordnungsgemäß eingetragen war.
Leider war die anwesende freundliche Mitarbeiterin selbst keine Beraterin und mit der Frage „Was nun“ wusste sie spontan nicht viel anzufangen. Stephan wurde unverrichteter Dinge mit dem Versprechen wieder nach Hause geschickt, dass sich die Bank sehr bald bei ihm melden werde, um einen neuen Termin zu vereinbaren.
Das war vor einem Jahr und auf das Melden wartet Stephan noch heute. Besser gesagt, er wartet nicht, denn sein Thema hat er mittlerweile mit einer anderen Bank geklärt.
Bewertung
Filialbanken haben aufgrund ihres Filialnetzes eine teurere Kostenstruktur gegenüber Direktbanken. Daher müssen sie höhere Preise beim Kunden durchsetzen, um rentabel zu sein. Dies kann aber nur funktionieren, wenn für den Kunden ein Mehrwert erlebbar wird, sei es durch besseren Service oder durch Beratung.
Mich erinnerte Stephans Bericht stark an mein Erlebnis mit einer Versicherung, über das ich hier neulich berichtet habe. Auch dort war eine Mitarbeiterin krank geworden und der nichts ahnende Kunde „störte“ daraufhin den geordneten Arbeitsablauf…
Ein Fazit, das auch hier gezogen werden kann, ist, dass das Zusammenspiel der Vertriebskanäle funktionieren muss. Sicherlich gab es außer Stephan noch mehr Kunden, die einen Termin mit Frau Müller hatten und diese dann nicht antrafen.
3 Kommentare
Leider kein Einzelfall … aber ich möchte auch mal von einem positiven Erlebnis mit einer Versicherung sprechen: ich habe Sonntag abend auf der Website der DKV einen Rückrufwunsch für Dienstag zwischen 17 und 18 Uhr abgesandt, und kurz meinen Beratungswunsch wegen Tarif geäußert. Pünktlich 17:45 Uhr rief eine Beraterin vom Call Center an, war vorbereitet, hatte meine Daten parat und konnte mich kompetent beraten. Wäre Note 1 mit Stern, wenn nicht … (und das hatte ich explizit ausgeschlossen) 2 Wochen später (!) „mein“ Außendienstmitarbeiter anrief und mich beraten wollte (ich hatte nie einen Außendienstmitarbeiter, sondern bin auch wie Ihr Stephan „vererbt“ worden über viele Jahre).
Aber man sieht – es geht auch anders und positiv.
Gruß aus Nürnberg
Hallo Frau Rehm
herzlichen Dank für die Ergänzungen
Das kann ich nahezu vollständig bestätigen, was Ihr Freund Stephan erlebt hat. Genau so bin ich leider auch bei der Commerzbank gelandet.
Jedoch mit der Erfahrung, dass man nun penetrant telefonisch zur Terminabsprache genervt wird, damit man sich diverse Produkte der Commerzbank und Allianz zulegt.
Hat man selbst ein Anliegen, vergehen Wochen, bis der Kundenwunsch erfüllt wird, wenn er erfüllt wird.