Führung und Veränderung hängen letztlich mit Personen und ihrem Verhalten zusammen. Im Buch „Warum es so schwierig ist, sich und andere zu ändern“ zeigt Gerhard Roth, wie Persönlichkeit, Entscheidung und Verhalten zusammenspielen.
Die Persönlichkeit eines Menschen umfasst dessen Temperament, Handlungen, Gefühle und seine Art zu kommunizieren. Wie aber kommt ein Mensch zu seiner Persönlichkeit? Und warum ist es so unglaublich schwer, sich selbst (und andere) zu ändern? Psychologie, Pädagogik und Philosophie aber auch die Ökonomie versuchen, Antworten zu finden. Diese sind jedoch meist unbefriedigend.
Wenn man der Persönlichkeit des Menschen wirklich auf die Spur kommen will, kann dies nur mithilfe von entwicklungspsychologischen und neurobiologischen Kenntnissen geschehen. Persönlichkeit – ein zeitlich stabiles Muster aus Temperament, Handlungen, Gefühlen, Bewegungen und der Art zu kommunizieren – lässt sich anhand verschiedener psychologischer Konzepte beschreiben.
Gerhard Roth erläutert, wie unsere Persönlichkeit im Gehirn entsteht, wie sie bewusst und unbewusst unsere Entscheidungen und unser Handeln lenkt und was zu tun ist, um sich selbst und andere zu beeinflussen,
Vier Faktoren bilden die Persönlichkeit
Forscher gehen heute davon aus, dass es insgesamt vier Faktoren gibt, die die Persönlichkeit beeinflussen:
- Die Erbanlagen,
- die Hirnentwicklung,
- vor- und nachgeburtliche Erlebnisse und
- die Sozialisation.
Erbanlagen und Hirnentwicklung bestimmen zusammen etwas 50 Prozent unserer Persönlichkeit, insbesondere Temperament, Intelligenz und Begabungen. Erste Persönlichkeitselemente entwickeln sich bereits in Form chemischer Botenstoffe im Gehirn des Ungeborenen. Studien auf dem Gebiet der Bindungsforschung haben gezeigt, dass Menschen das Bindungsverhalten, das sie in früher Kindheit erfahren haben, auch im Erwachsenenalter fortführen.
Die Ich-Erfahrung setzt sich aus Bewusstsein, Unbewusstem und Vorbewusstem zusammen. Das menschliche Unbewusste ist umfassender als das Bewusstsein. In ihm werden all die Dinge verarbeitet, die nicht ins Bewusstsein vordringen, weil sie etwa von diesem schlicht ignoriert werden oder „automatisch“ ablaufen. Ins Bewusstsein gelangt nur, was einen bestimmten Wichtigkeitsschwellenwert erreicht. Im Vorbewussten landen diejenigen Inhalte, die zwar nicht bewusst sind, es aber jeden Augenblick werden könnten.
Menschen sind nur begrenzt rational
Die Rational-Choice-Theorie lehrt, dass Menschen die besten Entscheidungen treffen, wenn sie kühl, berechnend und rational vorgehen. Inzwischen ist sich die Wissenschaft jedoch einig, dass der Mensch gar kein rein rationales Wesen ist. Noch dazu fehlen ihm meist die notwendigen Alternativen, um eine rationale Auswahl zu treffen.
Inzwischen spricht man von einer „begrenzten Rationalität“. Menschen tendieren in Entscheidungssituationen etwa dazu, Risiken zu vermeiden und das, was sie besitzen, höher zu bewerten als das, was sie gewinnen können.
Entscheidungen sind selten rational
Menschen tun in aller Regel das, was die in ihrer Persönlichkeit verankerten unbewussten Motive und bewussten Ziele ihnen vorgeben. Menschliche Entscheidungen laufen im Gehirn nach streng ökonomischen Gesichtspunkten ab. Das bedeutet: lieber weniger Alternativen abwägen, Pi-mal-Daumen-Berechnungen anstellen und eher intuitiv entscheiden, als lange zu überlegen. Bei Entscheidungen spielen auch Gefühle immer eine wichtige Rolle. Diese werden zwar ebenfalls im Gehirn gebildet, jedoch unbewusst.
Und selbst wenn eine Situation gründlich durchdacht wird und rationale Argumente geprüft werden, erfolgen Entscheidungen immer auch affektiv-emotional, zum Beispiel indem Erfahrungen mit eingebracht werden. Affektiv-emotionale Reaktionen in Reinform kommen meist in Stresssituationen vor, wenn automatisch und ohne großes Nachdenken entschieden wird.
Warum Veränderungen schwierig sind
Während wir hinsichtlich der Möglichkeiten, neue motorische Handlungsabläufe zu erlernen, bis ins hohe Alter leistungsfähig bleiben, sieht es bei den kognitiv-intellektuellen und emotionalen Fähigkeiten schlechter aus: Ab dem 40. Lebensjahr fallen Lernvorgänge in diesen Bereichen schwerer als zuvor; entsprechend haben wir es dann mit einer recht stabilen Persönlichkeit zu tun.
Die Lernpsychologie hat übrigens herausgefunden, dass man ein erwünschtes Verhalten nicht mit Strafe, sondern vor allem mit Belohnungen herbeiführen kann. Zudem hat man durch die Untersuchung des körpereigenen Glückshormons Dopamin entdeckt, dass nicht unbedingt das Erleben von Lust und das Vermeiden von Unlust unsere Motivation beflügelt, sondern vor allem die Erwartung einer lustvollen Situation. Mit anderen Worten: Vorfreude ist einer der stärksten Motivatoren. Zeit spielt dabei aber eine wichtige Rolle: Neugier stimuliert die Motivation erheblich stärker als schon bekannte Belohnungen. Je sicherer das Eintreten der Belohnung, desto weniger Motivationseffekte löst sie aus.
Sich selbst und andere verändern
Sich selbst zu verändern ist schwer: Die Routine eines Menschen ist so fest in seiner Persönlichkeit verankert, dass Änderungen kaum möglich sind. Man kann sich jedoch selbst überlisten, indem man sich kleine Ziele setzt, Vorbilder wählt und sich selbst belohnt. Nur darf man es mit den Belohnungen nicht übertreiben, sonst verpufft der Motivationseffekt.
Andere Menschen zu verändern ist ebenfalls schwierig, denn alle suchen sich Lebensumstände, die zu ihrer Persönlichkeit passen – und nicht etwa umgekehrt. Es ist also zwecklos, die Person über die Veränderung ihrer Lebensumstände ändern zu wollen. Man kann nur Einfluss auf jene Menschen ausüben, deren Persönlichkeit man durch Gespräche erforscht hat.
Konsequenzen für die Führung
Laut einer Gallup-Umfrage besteht eine erhebliche Diskrepanz in der Selbst- und Fremdwahrnehmung von Führungskräften. Während sich nur rund ein Fünftel aller Arbeitnehmer von ihren Führungskräften motiviert fühlt, halten sich gleichzeitig die entsprechenden Chefs selbst für gute Führungspersonen.
Führungskräfte benötigen Fach-, Methoden- oder Sozialkompetenz sowie bestimmte Persönlichkeitsmerkmale wie Stressresistenz, Empathie oder Durchsetzungsvermögen. Die Persönlichkeitsmerkmale entscheiden darüber, wie gut die Kompetenzen ausgebaut werden können. Kommt eine Führungskraft in eine Position, die zu ihren Eigenschaften passt, wird sie erfolgreich sein. Wo Anforderungen und Persönlichkeit nicht passen, sind schlechte Leistungen die Folge. Eine gute Führungskraft ist also nur dann gut, wenn sie in der richtigen Umgebung wirkt.
Über den Autor Gerhard Roth
Gerhard Roth ist Professor für Verhaltensphysiologie an der Universität Bremen, Direktor am dortigen Institut für Hirnforschung und Geschäftsführer der Roth GmbH – Applied Neuroscience.
Im folgenden Video erleben Sie ihn bei einem Vortrag, in dem er erläutert, wie Menschen und Unternehmen resilienter werden.
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