Was (Filial)Banken von Apple-Stores lernen können

Kunden begeistern statt nur verkaufen

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Apple zählt seit der Einführung des iPhones zu den digitalen Erfolgsgeschichten der letzten Jahre. Neben innovativer Technik haben dazu die Apple-Stores beigetragen. Grund genug für Banken und Sparkassen, einmal genauer hinzusehen, was deren Erfolg ausmacht.

Von Apple-Stores lernen

Banken und Sparkassen können von Apple einiges für ein erfolgreiches Filialgeschäft lernen

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Berg Lund & Company ist Partner des Bank Blogs

Apple-Kunden zeichnen sich durch hohe Loyalität und Preisakzeptanz aus. Beides scheint auf den ersten Blick entgegen dem Verhalten von Bankkunden zu stehen. Schon vor einiger Zeit habe ich hier im Bank Blog die These aufgestellt, dass Banken und Sparkassen einiges von Apple lernen könnten. Guter Kundenservice und Innovation gehören zu den Grundlagen des Erfolgs. Entscheidend ist aber die Schaffung eines kompletten, gut abgeschotteten und am Kundenbedarf ausgerichteten Öko-Systems. Dass dahinter nicht nur eine rein digitale Strategie sondern auch ein Multikanalansatz steht, zeigen die Apple-Stores. Im Hinblick auf die Diskussion um die Zukunft des Vertriebs im Allgemeinen und der Filialen im Besonderen lohnt es sich für Kreditinstitute, einmal genauer hinzusehen, was deren Erfolg ausmacht.

Die Erfolgsgeschichte der Apple-Stores

Während Banken und Sparkassen im Zuge des Ausbaus ihrer digitalen Kanäle gleichzeitig ihre physischen Vertriebskanäle meist reduzieren, hat Apple als digitaler Pionier den Kanal Filiale deutlich ausgebaut. Als 2001 die ersten beiden Apple-Stores eröffnet wurden, war dieser Vertriebsweg hoch umstritten. Viele Analysten äußerten sich kritisch, galt doch zu dieser Zeit der Computer-Einzelhandel als sterbender Wirtschaftszweig. Die New York Times nannte es „einen aggressiven Schritt in Zeiten ökonomischen Abschwungs“. Zur Erinnerung: Damals war der iPod noch nicht auf dem Markt, geschweige denn iPhones oder iPads.

Im folgenden Video stellt Steve Jobs persönlich den allerersten 2001 eröffneten Apple-Store in Glendale, Kalifornien vor:

Aktuell betreibt Apple rund 500 Niederlassungen in 20 Ländern und einen Online-Verkauf in 39 Ländern. Und während Finanzinstitute immer weniger Filialbesuche verzeichnen, stieg die Anzahl der Besucher von Apple-Stores auf mehr als 365 Millionen im Jahr an. Umgerechnet auf Bankarbeitstage entspricht dies einem Durchschnitt von täglich 3.650 Besuchen pro Standort. Werte, von denen Banken nur träumen können. Den letzten Massenandrang in Bankfilialen gab es im Jahr 2002, als Kunden ein Starterset des Euros ergattern wollten…

Ein durchschnittlicher Apple-Store in den USA hat 80.000 Besucher im Monat und erzielt einen Umsatz von über 50.000 US $ pro Quadratmeter. Apple gehört dort zu den zehn erfolgreichsten Einzelhändlern. Dabei steht der Vertrieb nicht einmal im Vordergrund, sondern vor allem Service und Beratung.

Im vergangenen Jahr erhielten die Apple-Stores ein neues Design. Sie sollen insbesondere ein cooler Ort sein, an dem man sich gerne aufhält und Beziehungen zur Apple-Community knüpft.

Erfolgsrezept des Apple-Stores

Was genau macht den Erfolg der Apple-Stores eigentlich aus? Im Folgenden werden die wichtigsten Punkte erläutert:

Lage, Lage, Lage

Apple folgt konsequent dem Leitsatz aller Immobilienexperten: Die Lage ist entscheidend. Die Geschäfte befinden sich grundsätzlich in den besten 1A-Innenstadtlagen oder innerhalb hochfrequentierter Shopping-Mals. Auch an großen Bahnhöfen oder U-Bahnstationen kann man sie finden.

Der Hamburger Apple-Store am Jungfernstieg

Apple-Stores sind immer an den besten belebten Einkaufslagen zu finden

Banken „leiden“ dagegen unter ihren Bestands-Standorten, die sich nur in seltenen Fällen in wirklich erstklassigen Lagen befinden. Dabei verfügt auch eine Kreissparkasse oder Volksbank im ländlichen Raum über 1A-Einkaufslagen, z.B. im Verbund mit Einkaufszentren. Zugegeben, eine Verlegung erfordert hohe Investitionen. Aber will man Filialen zukunftsfähig gestalten, gehört eine Überprüfung und ggf. eine Korrektur der Lage zum strategischen Konzept dazu.

Funktionell und trotzdem stylisch

Die meisten Geschäfte von Apple erscheinen bereits von außen recht beeindruckend. Dies setzt sich innen fort: sie sind schick und stylisch, vor allem aber sehr funktionell. Geboten werden Atmosphäre und Lifestyle statt Pappkartons mit einem PC oder Handy. Von Anfang an folgte man nicht traditionellen Erkenntnissen des Einzelhandels sondern stellte die Customer Experience, also das Kundenerlebnis, in den Mittelpunkt des Designs. Im Vordergrund stehen Lösungen für den Kundenbedarf, nicht Produkte.

Bei Bankfilialen hingegen habe ich häufig den Eindruck, dass sich deren Gestaltung vornehmlich an Technik und Architektur und weniger am Kunden orientiert.

Apple Mitarbeiter tragen ein einheitliches T-Shirt, das sie als solche ausweist und erkennbar macht.

Erinnern sie sich an die lebhaften Diskussionen rund um das Thema einheitliche Bankkleidung vor einigen Jahren? Durchgesetzt hat sich das in der Breite nicht oder nur zu besonderen Ereignissen. Schon bei einer einheitlichen Krawatte oder einem Schal fühlten sich manche Banker in ihrer Selbstverwirklichung gestört.

Das Leben einfacher machen

Der Grundsatz, mit dem Steve Jobs die Stores auf den Weg gebracht hat, lautet „Enriching lives“, „das Leben einfacher machen“. Dieser Philosophie folgend, sollen die Menschen in den Läden die Hilfe bekommen, die sie suchen und dies möglichst leicht und unkompliziert. Und – das ist eines der entscheidenden Elemente – dieser Grundsatz gilt über den Kauf hinaus. Der Kunden bekommt das Angebot einer persönlichen Beziehung zu seinem Apple-Store, in dem ihm auch nach dem Kauf eines Produktes jederzeit geholfen wird, das Produkt seinem Bedarf anzupassen.

An der sogenannten Genius Bar wird kompetente Beratung angeboten. Auch an Workshops zur richtigen Anwendung von Produkten und Programmen können Kunden teilnehmen und so z.B. lernen wie man Musik aufnimmt, Videos erstellt oder bessere Fotos macht. Die Richtigkeit dieses Konzeptes belegt eine weitere eindrucksvolle Zahl: Weltweit werden täglich 95.000 Kunden an der Genius Bar bedient und beraten.

Apple-Store in London, Regent Street

In der Regent Street in London eröffnete Apple 2004 seine erste Filiale in Europa mit ursprünglich 100 Mitarbeitern, von denen mehr als ein Viertel immer noch dabei sind. Seitdem haben mehr als 60 Mio. Besucher den Laden betreten.
Letztes Jahr wurde der Store nach neuem Design umgestaltet. Täglich finden dort Veranstaltungen und Workshops statt. Inzwischen arbeiten dort über 500 Angestellte, die Kunden in mehr als 30 Sprachen beraten können.

MLP ist einst damit groß geworden, Bewerbertrainings für Studenten anzubieten. Aber kennen Sie Banken oder Sparkassen, die in ihren Filialen z.B. regelmäßige Workshops zum Thema „Geldanlage“, „Haus bauen“ oder anderen Situationen des finanziellen Lebens anbieten? Statt mit entsprechenden Angeboten den Kunden die Filialen schmackhaft zu machen, wird lieber öffentlich über das mangelnde Verständnis und Wissen der Deutschen zu Finanzen geklagt.

Kein Verkaufsdruck

Kunden können mit den ausgestellten Geräten beliebig herumspielen und sie nach Herzenslust austesten. Es werden keine Produkte verkauft sondern Lösungen angeboten.

Die Mitarbeiter erhalten keine Verkaufsprovisionen, d.h. auch von dieser Seite aus entsteht kein Verkaufsdruck. Sie können und sollen den Kunden frei und unabhängig beraten. So empfiehlt schon mal ein Mitarbeiter den Kunden, vor dem Kauf eines für ihn teuren iPads einen Kurs zu belegen, um das Gerät vorher erst einmal besser kennenzulernen und so festzustellen, ob es tatsächlich für seinen Bedarf passt.

Können Sie sich das (analog) in einer Bank oder Sparkasse vorstellen? Vorstellen vielleicht, aber kennen sie das auch aus praktischem Erleben als generelle Vertriebsstrategie?

Transparent und offen

Preise für die Produkte sind offen angeschrieben und es besteht ein 14-tägiges Rückgaberecht. Unterschiede zwischen Neu- und Bestandskunde gibt es nicht. Kein Kunde kann so das Gefühl haben, über den Tisch gezogen zu werden.

Bei Banken hingegen wird – teilweise deutlich – zwischen Neu- und Bestandskunde unterschieden. Und bei den Preisen – z.B. fürs Girokonto – sind gerade in der letzten Zeit wieder Intransparenz und Zusatzgebühren in Mode gekommen.

Übrigens können Kunden die Produkte auch online bei Apple kaufen und im Store abholen (und sich dort erklären und anpassen lassen). Dies könnte durchaus ein Ansatz für Multikanalinstitute sein, statt intern eine Konkurrenz der Vertriebswege entstehen zu lassen oder auf den Online-Kanal ganz zu verzichten, wie es immer noch viele regionale Institute tun. Entscheidend ist hier allerdings, den Kunden nicht in Filialen zu zwingen, wie es manche Institute durch bewusst herbeigeführten Medienbruch praktizieren.

Willkommen im Club

Beim Kauf eines Apple Produktes erhält der Käufer eine stabile Papiertüte auf der groß das Apple Logo als Erkennungsmerkmal der „Gemeinde“ gedruckt ist. So wird jeder Kunde automatisch zum Werbeträger.

Bei Banken muss man als Kunde mitunter schon froh sein, eine Klarsichthülle zu erhalten. Werbung ist damit wohl kaum verbunden. Überhaupt vermisst man bei Banken und Sparkassen ein Konzept für ein „haptisches Erlebnis“ das auch Emotionen sichtbar transportiert. Entsprechende Versuche gab es zwar hier und da, sie wurden jedoch nie konsequent vorangetrieben.

Kompetenz und Freundlichkeit

Das Herzstück eines jeden Apple-Stores sind die Mitarbeiter, so wie auch die Mitarbeiter einer Bankfiliale deren Rückgrat bilden.

Diese Mitarbeiter werden nach ihrer Freundlichkeit, Motivation, Kompetenz, und vor allem nach der Fähigkeit, andere Menschen zu begeistern ausgesucht und auf dieses Ziel verpflichtet und trainiert. Sie sollen beim Kunden „magische Erfahrungen“ hinterlassen.

Dabei wird das Verhalten durchaus orchestriert. Es gelten fünf Service-Schritte, die auf dem Akronym „APPLE“ aufbauen:

  • Approach customers with a personalized, warm welcome (Gehen Sie auf Ihre Kunden mit einer persönlichen, warmherzigen Begrüßung zu).
  • Probe politely to understand all the customer’s needs (Versuchen Sie höflich, alle Bedürfnisse Ihres Kunden zu verstehen).
  • Present a solution for the customer to take home today (Präsentieren Sie eine Lösung, die Ihr Kunden heute mit nach Hause nehmen kann).
  • Listen for and resolve any issues or concerns (Hören Sie genau zu und lösen Sie alle Bedenken und Fragen).
  • End with a fond farewell and an invitation to return (Enden Sie mit einer freundlichen Einladung für ein Wiedersehen).

Details dazu können Sie in der folgenden Präsentation finden:

Die Mitarbeiter sind angehalten, sich um die Kunden zu kümmern, die das möchten. Dazu haben sie alle Zeit die notwendig ist. Und selbst skurrile Kunden tun dem keinen Abbruch, wie der US Comedian Mark Malkoff feststellen durfte, als er eine Ziege mit in einen Apple-Store nahm und sich zudem noch eine Pizza anliefern ließ.

Kein Zweifel, auch die überwiegende Mehrheit der Bankmitarbeiter sind freundlich und kompetent. Aber es besteht ein Unterschied zwischen Freundlichkeit und Begeisterung. Machen Sie einfach mal den Test und betreten Sie eine unbekannte Bankfiliale und warten darauf, dass und ggf. wie sie angesprochen werden…

Zehn Dinge, die Geldinstitute von Apple-Stores lernen könn(t)en

Die folgenden zehn Punkte stammen aus dem Blog von Guy Kawasaki, der bereits vor einiger Zeit darüber geschrieben hat, was man von Apple lernen kann:

  1. Hören Sie auf, Sachen zu verkaufen.
  2. Bereichern Sie das Leben Ihrer Kunden.
  3. Stellen Sie Vertriebsmitarbeiter mit einem Lächeln ein.
  4. Fördern Sie Vielfalt.
  5. Entfesseln Sie das innere Genie Ihrer Kunden.
  6. Statten Sie Ihre Mitarbeitern mit Kompetenzen aus.
  7. Verkaufen Sie Mehrwerte.
  8. Folgen Sie den fünf Service-Schritten (s.o.).
  9. Ermöglichen Sie multisensorische Erfahrungen.
  10. Appellieren Sie an das kaufende Hirn.

Er fasst den Erfolg von Apples Stores mit den folgenden drei Eigenschaften zusammen

  • Liebenswürdigkeit,
  • Vertrauenswürdigkeit und
  • Qualität.

Sieben Fragen für Banken und Sparkassen zur Beurteilung ihres Filialvertriebs

„Think different“ war eines der großen Antriebe von Steve Jobs und Apple auch bei den Stores. Es lohnt sich durchaus auch für Banken und Sparkassen, den Ursachen für den Erfolg der Apple-Stores näher auf den Grund zu gehen und nach Parallelen zu suchen.

Zum Einstieg können sich Banken und Sparkassen in Bezug auf ihre Filialen folgende sieben Fragen stellen:

  1. Sind wir dort wo unsere Kunden sind?
  2. Wie sähe unser Filialnetz aus, wenn wir es heute „bei Null beginnend“ neu aufbauen würden?
  3. Haben wir überall und ausschließlich die richtigen Mitarbeiter (und Führungskräfte) die eine Vision für Kundenbegeisterung nicht nur umsetzen sondern auch glaubhaft leben können?
  4. Steht unser Kunde mit seinem Bedarf beim Betreten der Filiale uneingeschränkt im Mittelpunkt oder sind es unsere Prozesse und Systeme?
  5. Begeistern wir unsere Kunden wirklich und nachhaltig oder verkaufen wir doch nur Produkte?
  6. Bieten wir die Möglichkeit haptischer Erfahrungen in unseren Filialen oder ist alles nur abstrakt?
  7. Konzentrieren sich unsere Mitarbeiter darauf, das Leben der Kunden ein Stück besser zu machen oder orientieren sie sich vor allem am Ertrag für die Bank?

Ihre Antworten würden mich sehr interessieren.

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Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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