Die Übernahme von WhatsApp durch Facebook ging letzte Woche durch die Schlagzeilen. Eher unbemerkt dagegen die zeitgleiche Akquisition von Bank Simple durch BBVA. Ein paar Gedanken zur Wertschöpfung.
Die zwei Übernahmen der Woche
Kennen Sie den: Facebook hat WhatsApp für 19 Milliarden Dollar gekauft. Ziemlich doof eigentlich, die hatten sie doch auch kostenlos runterladen können….
Im Ernst, 19 Milliarden US Dollar sind eine Menge Geld für eine Smartphone App. Drei Milliarden in bar für rd. 55 Mitarbeiter (da wär ich gerne dabei, ich geb’s ehrlich zu) und 16 Milliarden in Facebookaktien für die Gründer. Nicht schlecht für fünf Jahre Arbeit.
Ebenfalls letzte Woche wurde Bank Simple nach nur 18 Monaten Tätigkeit am Markt übernommen: Für „nur“ 117 Mio. Dollar von der spanischen Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA).
Zur Erinnerung: Simple will Kunden im Internet und mobil eine einfache Benutzeroberfläche für Bankgeschäfte und damit eine andere, neue Form des Bankings bieten. Im folgenden Video gibt es nähere Informationen von Simples Mitgründer und CEO Joshua Reich dazu:
Bank oder Textnachrichten: Was ist wertvoller?
Auf den ersten Blick, schaut man nur auf den absoluten Kaufpreis, scheinen Bankkunden deutlich weniger wert zu sein als Kunden eines Instant Messenger Dienstes. Auf den zweiten Blick sieht das jedoch anders aus.
WhatsApp hat rd. 450 Mio. Nutzer, Simple hat etwas über 100.000 Kunden. Das bedeutet, für WhatsApp wurden rd. 42 $ pro Kunde bezahlt, bei Simple sind es dagegen 1.170, also fast das 30fache.
Also sind Bankkunden doch etwas wert und sogar eine ganze Menge mehr als Social Media Kunden, denn 1.170 $ ist kein schlechter Preis für einen Privatkunden.
In beiden Fällen erscheint mir der Preis bei einer statischen Betrachtung (zu) hoch. Überlegt man, dass WhatsApp derzeit maximal 1 US $ pro Kunde für seine Leistung verlangt, kann man leicht ausrechnen, wie lange die Amortisation dauern wird.
Sowohl bei WhatsApp als auch bei Simple dürften die Käufer mit einem auch zukünftig rasanten Wachstum der Kundenzahlen bei der Erstellung des Business Plans kalkuliert haben.
Wofür wird eigentlich bezahlt?
Durch die Übernahme erhält Facebook Zugriff auf 450 Millionen Telefonnummern, 450 Millionen GeräteIDs und, je nach Einstellung der App, auch auf 450 Millionen Aufenthaltsorte der Nutzer. Da steckt sicherlich einiges an Vermarktungspotential drin.
Lassen wir mal dahingestellt sein, wie ernst die Versprechung zu nehmen sind, dass mit der Übernahme von WhatsApp für die Nutzer alles beim Alten bleibt und keine Integration stattfände. In jedem Fall wurde ein ernst zu nehmender Wettbewerber eingefangen. Es mögen nicht alle einer Meinung mit mir sein, aber für mich ist WhatsApp nicht nur ein einfaches Mitteilungssystem sondern fällt, wie Facebook selbst, auch in die Rubrik Social Media.
Bei Simple wurde (zumindest im ersten Schritt) nicht mal für die Kunden bezahlt. Die „besitzt“ Simple nämlich gar nicht, sondern nur die Verbindung zu ihnen. Simple ist nämlich gar keine Bank, sondern nutzt (wie hierzulande z.B. Flatex) die Banklizenz einer anderen Bank (Bancorp Bank), um Kunden über das Frontend Bankdienstleistungen zu verkaufen. Immerhin werden mit den 100.000 Kunden rund 1,7 Millionen US $ Umsatz gemacht, was auch immer dieser Zahl konkret bedeuten mag.
Für BBVA dürfte vor allem die für US Verhältnisse innovative Plattform im Interesse liegen. Mit Einlagen von mehr als 49 Mrd. US $ und mehr als 750 Geschäftsstellen ist sie derzeit die fünfzehntgrößte Bank in den USA. Sie ist schon seit einiger Zeit dabei, interessante disruptive Finanz Startups aufzuspüren und in diese zu investieren.
Fazit
Das ganz große Geld fließt unverändert nicht für Retail Banking Startups sondern für solche mit reinem Internetbezug. Retail Banking ist (immer noch) weder trendy noch gibt es hier einen positiven Hype. Klar, Internet Plattformen sind von vorne herein international ausgelegt, während Banken zunächst nur in einem Land vertreten sind. Das Kundenpotential einer Bank ist somit erst einmal deutlich geringer.
Allerdings macht das Beispiel Simple deutlich: Retail Banking ist und bleibt spannend und es gibt durchaus Akteure, die glauben, dass hier sinnvoll investiert werden kann. Dies trifft vor allem auf innovative Lösungen zu, die Kundeninteresse und Customer Experience in den Vordergrund stellen und dabei auch auf mobile Lösungen fokussieren.
Und sollte es jemandem gelingen, die Dynamik sozialer Netzwerke auf das Banking zu übertragen, dem stünde im wahrsten Sinne des Wortes ein Vermögen ins Haus.