Die einen sagen, dass in 20 Jahren keine gedruckten Zeitungen mehr erscheinen werden und die anderen, dass es dann auch keine Bankfilialen mehr geben wird. Über Gemeinsamkeiten und Unterschiede zweier Branchen auf dem Weg in die Zukunft.
Ausverkauf und Pleiten
Nicht nur die Finanz-, auch die Zeitungsbranche durchläuft spannende, weil schwierige Zeiten. 2012 hatte die Frankfurter Rundschau Insolvenz angemeldet und wurde inzwischen von der Frankfurter Allgemeinen übernommen. Ebenfalls gegen Ende 2012 erschien die letzte Ausgabe der Financial Times Deutschland. Im Juli verkündete die Axel Springer AG den Verkauf ihrer Regionalzeitungsgruppen „Hamburger Abendblatt“ und „Berliner Morgenpost“ für 920 Millionen Euro an die Funke Mediengruppe. Und im August wechselt die renommierte Washington Post für 250 Mio. US Dollar den Besitzer.
Zwei Seiten einer Medaille
Alle diese Aktionen werden mit der zukünftigen Einschätzung des Verhältnisses zwischen Print und Online Medien und den jeweils zu erwartenden Ertragsströmen begründet. Damit wird klar, dass es zwei unterschiedliche Sichtweisen geben muss, denn zu jedem Verkauf gehören nicht nur Verkäufer sondern auch Käufer (mit Ausnahme der FTD) und letztere haben offensichtlich eine andere Zukunftseinschätzung als erstere.
Besonders pikant: Der Käufer der Washington Post Jeff Bezos, seines Zeichens Online Pionier und Gründer von Amazon, hat vor weniger als einem Jahr in einem Interview mit der Berliner Zeitung gesagt, dass es in 20 Jahren keine gedruckten Zeitungen mehr geben wird.
Filiale versus Online
Auch bei Banken und Sparkassen wird viel über die zukünftige Ausrichtung der Vertriebskanäle diskutiert. Filialen und Online Banking (und erst recht das Mobile Banking) werden dabei in einer gegensätzlichen Entwicklung gesehen.
Das veränderte Kundenverhalten führt zu neuen Geschäftsmodellen, daran kann kein Zweifel bestehen. Ob durch eine Zunahme des Online Bankings respektive des Mobile Bankings jedoch zwangsläufig die Filialen „aussterben“ werden, hängt maßgeblich davon ab, was sich die Banken einfallen lassen, um diesen Vertriebskanal wieder mit mehr Leben zu füllen. Wie von mir an anderer Stelle schon ausführlich beschrieben, kommt es darauf an, den Kunden einen erkennbaren Mehrwert durch die Filialen zu bieten, dazu gehören u.a. gute Beratungsqualität und ein erstklassiger Service.
Auf den Inhalt kommt es an
Für die Presse wie für die Banken gilt (adaptiert) dasselbe: Es kommt auf den Inhalt an (neudeutsch „Content“). Ohne Inhalt, sprich Angebote, die einen Nutzen für den Kunden darstellen, werden Zeitungen keine Leser und Banken keine Kunden mehr haben. Und nur mit hochwertigen nutzenstiftenden Inhalten lassen sich auch angemessene Preise durchsetzen.
Erinnert sei in diesem Zusammenhang noch mal an die Aussage von Johannes Schneebacher (Generaldirektor, Südtiroler Volksbank) zum Preisbewusstsein von Bankkunden:
„Für die Leistungen, für die Kunden heute bezahlen, wollen sie morgen nichts mehr bezahlen. Für die Leistungen, für die Kunden morgen bezahlen sollen, bezahlen sie heute nichts.“
Preise sollten daher maximal so hoch sein, wie der vom Kunden empfundene Nutzen für die jeweilige Leistung. Dass es dabei kein für alle Kundengruppen gleichermaßen gültiges Patentrezept gibt, liegt auf der Hand. Aber Qualität und Service gehören (hier wiederhole ich mich) in jedem Fall dazu. Und wenn jeweils beide Vertriebsformen (Print bzw. Filiale und Internet) weiterbestehen sollen, gilt es, die Leistungen miteinander zu verkoppeln.
Ein Beispiel im Bankbereich bietet die Nutzung von Persönlichem Finanz Management (PFM): Eigentlich ein reines Online Tool, könnte es auch in der persönlichen Beratung in der Filiale sinnvoll und nutzenstiftend eingesetzt werden.
Wohin geht die Reise?
Wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung von Zeitungen und Filialen? Werden Sie in 20 Jahren noch Zeitung lesen? Werden Ihre Kunden in 20 Jahren noch eine Filiale aufsuchen?
Ich persönlich bin sehr gespannt, was sich der Online Commerce Profi Jeff Bezos für die Washington Post wird einfallen lassen. Vielleicht lässt sich das eine oder andere auch für Banken verwerten?! Was meinen Sie?