Die Digitalisierung sowie eine zunehmende Automatisierung verändern die Jobprofile im Bankenumfeld und machen moderne Lernkonzepte wichtig. Viele Bereiche sind allerdings von einer gut strukturierten, zeitgemäßen Lernpraxis für ihre Mitarbeiter noch weit entfernt.

Digitalisierung verändert Weiterbildung in Banken und Sparkassen

Digitalisierung und Automatisierung schaffen neue Anforderungen auch in der Aus- und Weiterbildung.

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Eigentlich sollte man meinen, dass Unternehmen sich mit der Thematik „lebenslanges Lernen“ schon zur Genüge beschäftigt haben. Schließlich ist das Thema nicht neu. Denn um die Jahrtausendwende wurde es schon einmal in Form der vermeintlichen Wettbewerbsschwäche Deutschlands – „kranker Mann Europas“ – öffentlichkeitswirksam hochgespült. Bereits damals wurde die Diskussion um die richtigen Rahmenbedingungen für lebenslanges Lernen in Gang gesetzt. Ihre Fortsetzung fand sie anschließend in der Finanz- und Wirtschaftskrise, und heute wird sie im Kontext der digitalen Transformation wieder hochrelevant. Denn eines ist klar: ohne die ständige Bereitschaft zum Lernen lassen sich die Veränderungsprozesse, wie wir sie heute erleben, nicht mehr bewältigen.

Über Lernangebote Mitarbeiter binden

Hier hat auch das Banking-Umfeld dringenden Verbesserungsbedarf, zumal viele Finanzbetriebe sich derzeit effizienter und agiler aufstellen müssen, um mit veränderten Jobprofilen und Tätigkeiten auf neue Marktanforderungen reagieren zu können. Das bedeutet vor allem Beschäftigte aus dem Kerngeschäft schleunigst weiterzuqualifizieren. Das ist allerdings nicht so einfach, denn Weiterqualifizierung oder permanentes Lernen wird vielerorts vor allem als Kostenblock, den man einsparen kann, aber nicht als Mehrwert im Kampf um Talente verstanden. Nur sehr wenige Banken sind in diesem Bereich schon vorausschauend unterwegs und machen Lern- und Weiterbildungskonzepte zu einem aktiven Teil ihrer Mitarbeitergewinnung. Sie sehen Lernen als einen wichtigen Baustein an, um künftig wettbewerbsfähig bleiben zu können.

Hingegen diejenigen, die nur ans Lernen denken, wenn Druck „von oben“ kommt, handhaben diese Thematik meist auch entsprechend situativ und wenig nutzbringend für Unternehmen und Arbeitgebermarke.

Ohne Business Case kein Lernbudget

Eine ähnliche Haltung bestätigt auch der aktuelle HR-Report von Hays, zu dem in Zusammenarbeit mit dem Institut für Beschäftigung und Employability 997 Führungskräfte befragt wurden. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass sowohl Umgang als auch Verantwortung für neue Lernansätze alles andere als geklärt scheinen.

So liegt die primäre Verantwortung für lebenslanges Lernen zwar bei den Mitarbeitern (61 Prozent), doch über die finanziellen Mittel für das Lernen entscheidet mehrheitlich die Geschäftsleitung.  Lediglich 14 Prozent geben an, dass Mitarbeiter über eigene Lernbudgets verfügen. Wenn aber die Verantwortung final beim Mitarbeiter selbst liegen soll, warum verwaltet dann die Führungskraft das Weiterbildungsbudget?

Vermutlich hängen diese Angaben mit der jeweiligen wirtschaftlichen Lage, in der sich die Befragten befinden, zusammen. Denn je angespannter diese ist, desto weniger Lernbudget steht in der Regel auch zur Verfügung. Ist bei bestimmten Positionen jedoch ein klarer Return-on-Investment mit dem zusätzlichen Wissen erkennbar, (z.B. Wirtschaftsprüfung) wird tendenziell eher in neue Lernkonzepte investiert. Mit anderen Worten: stimmt der Business Case, über den die Mitarbeiter mit entsprechend hohem Qualifizierungsgrad beim Kunden „fakturieren“ können, werden die Budgets eher nach oben angepasst.

Wochenlange Seminare und Lehrgänge sind keine Option mehr

Im Zusammenhang mit dem entsprechenden Lernbudget darf aber auch die Lernzeit, die dafür veranschlagt wird, nicht außer Acht gelassen werden. Schließlich müssen sich die meisten Mitarbeiter vermutlich ohnehin on- the-job weiterqualifizieren. Denn viele arbeiten jetzt schon am Anschlag und möchten ihre wertvolle Freizeit nicht mit der Aneignung neuer Kompetenzen verbringen. Zumindest nicht komplett.

Laut Studie haben sich viele Führungskräfte aber zum zeitlichen Konflikt ihrer Mitarbeiter noch eher wenig Gedanken gemacht. Wie lässt es sich sonst anders erklären, dass es laut Angaben der Befragten keine festen Lernzeiten gibt und ein Drittel Lernzeit sogar mit der Teilnahme an Seminaren gleichsetzt? Der zweiwöchige Lehrgang ist vor dem Hintergrund der heutigen Arbeitsverdichtung längst keine Option mehr – weder zeitlich für den Mitarbeiter noch wirtschaftlich für das Unternehmen. Die Studie fördert insgesamt allerdings deutlich zutage, dass die Führungskräfte hier auf ganzer Linie in die Mottenkiste greifen: keine definierte Lernzeit, kaum Budget und von den entsprechenden Inhalten ganz zu schweigen.

Scheinbar hat sich bei dem Gros der Unternehmen bisher niemand damit befasst, Lernzeit mit Lerninhalt sowie entsprechend passender Maßnahme abzugleichen. Lediglich ein Viertel kann sagen, dass Lernzeit individuell zwischen Mitarbeiter und Führungskraft vereinbart wird. Bedingt durch die großen personellen Umwälzungen in den Banken steht allerdings das Thema Lernen zumeist hinten an, da viele Mitarbeiter ohnehin bereits durch viele parallele Projekt überlastet sind.

Über neuen Medien Lernen skalierbar machen

Da diese zunehmende Arbeitsverdichtung pro Mitarbeiter aber bereits Normalität ist, wäre es umso wichtiger, Lernen über passendes Instrumentarium zu integrieren. Beispielsweise könnten über eine integrierte Weiterbildungsplattform individuelle Online-Lernangebote einer breiten Masse an Mitarbeitern zugänglich gemacht werden. Jeder könnte sich seine Zeit so einteilen, dass eine Weiterqualifizierung Stück für Stück möglich wäre. Gleichzeitig wäre der Mitarbeiter weiterhin täglich verfügbar, anstatt ein Außerhaus Seminar zu besuchen. Eine permanente Weiterbildungsmöglichkeit, die den Mitarbeitern über die Neuen Medien zur Verfügung gestellt werden würde, wäre zudem ein großer Pluspunkt gegenüber dem Wettbewerb bei der Ansprache neuer Mitarbeiter. Denn wer den Lernwunsch seiner neuen oder bestehenden Mitarbeiter berücksichtigt, profitiert langfristig.

Ob aufgrund der Nachfrage des Mitarbeiters, rechtlicher Neuerungen oder einer veränderten Jobsituation, moderne und individuelle Lernkonzepte gehören als selbstverständlicher Teil auf die Agenda der Fach- und Personalbereiche. Für das Aufrechterhalten eines hohen fachlichen Niveaus in Kombination mit generalistischen Fähigkeiten ist Life Long Learning unverzichtbar.


Erich Schwinghammer

Erich Schwinghammer ist Koautor des Beitrags. Der Diplom-Betriebswirt ist Senior Abteilungsleiter Finance bei der Hays AG und auf die Besetzung von Finanzabteilungsposten spezialisiert.