Wenn Marktforschung überstimmt wird

Herausforderungen bei der Ausgestaltung neuer Finanzprodukte

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Der Ausgestaltung neuer Finanzprodukte in Banken und Sparkassen kommt hohe Bedeutung zu. Marktforschung sollte dabei eine wichtige Rolle spielen. Nicht immer ist dabei hilfreich, wenn dies zur Chefsache erklärt wird.

Cartoon: Wenn der Vorstand im Marketingausschuss das Wort ergreift

Wenn der Vorstand im Marketingausschuss das Wort ergreift, wird es meist kritisch.
© Tom Fishburne

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Das berühmte Henry Ford zugeschriebene Zitat wird immer wieder dann bemüht, wenn man die Einführung eines neuen Produkts durchdrücken will, obwohl es massive Hinweise aus der Marktforschung gibt, dass die Kunden es gar nicht benötigen oder auf andere Eigenschaften Wert legen.

Nicht selten wird dann das iPhone als Musterbeispiel für eine Innovation herangezogen, von der die Kunden gar nicht wussten, dass sie es brauchen. Mit Marktforschung hätte es kein iPhone gegeben, so die These.

Übersehen wird in diesem Zusammenhang nicht nur, dass Henry Ford den Satz wohl nie gesagt hat, sondern auch, dass gerade Apple schon immer sehr intensiv in Marktforschung investiert hat und somit sehr wohl eine klare Vorstellung davon hatte, was die Kunden haben wollen.

Marktforschung ersetzt Intuition

Wenn Marketingteams Entscheidungen treffen, ist es immer spannend, zu beobachten, wie sie zuvor versuchen, Erkenntnisse über die Verbraucher, deren Wünsche, Bedarfe und Verhalten zu gewinnen.

Dabei erscheint es immer wieder verlockend, davon auszugehen, dass wir intuitiv wissen, was die Verbraucher wollen. Schließlich sind wir ja auch Verbraucher. Aber wenn wir auf die Fokusgruppe in unserem Kopf hören, kann uns das in die Irre führen. Der Versuch, von unseren persönlichen Erfahrungen auf die Reaktionen einer Zielgruppe zu schließen, ist riskant. Insbesondere Führungskräfte neigen dazu, schließlich verfügen sie ja über viel Erfahrung und tragen letztlich die Verantwortung. Viele sind sich dieses blinden Flecks dabei gar nicht bewusst.

Hierarchie schlägt Marktforschung

Besonders häufig ist dies in hierarchischen Organisationen der Fall. Dazu zählen auch Banken und Sparkassen. Häufig verlässt man sich gerne auf die Entscheidung der ranghöchsten Person im Raum. Manchmal traut sich auch nur niemand, ihr zu widersprechen.

Die Reaktion des ehemaligen Microsoft CEO Steve Ballmer auf das iPhone macht deutlich, dass Hierarchie nicht immer automatisch „recht haben“ bedeutet.

Bei Google gilt daher die Maxime, sich vor den HiPPOs (Highest Paid Person’s Opinions) zu hüten.

Ein klassisches Zitat zu dem Thema stammt von Jim Barksdale aus seiner Zeit als Netscape-CEO: „Wenn wir Daten haben, sollten wir uns die Daten ansehen. Wenn wir nur Meinungen haben, dann nehmen wir meine.“

Junge, digitale Zielgruppen ticken anders

Besonders im Bereich des digitalen Marketings hat jeder eine Meinung. Wir alle jonglieren mit mehreren Geräten und kennen unsere eigenen persönlichen Erfahrungen.

Aber nicht alle persönlichen Erfahrungen sind gleich. Die Annahme, dass das, was für einen Vorstand mittleren Alters funktioniert, auch für die Zielgruppe der Teenager funktioniert, ist verrückt, aber es ist nicht unüblich, dass man in Konferenzräumen diese Art von persönlicher Rechtfertigung für eine Entscheidung hört.

Häufig müssen Entscheidungen mit begrenzten Informationen getroffen werden. Aber in zunehmendem Maße (und insbesondere im digitalen Marketing) sind ausrechend Daten und Tests vorhanden. Auf diese sollte man sich bei den Entscheidungen mehr verlassen, als auf Bauchgefühl.

Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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