Es gibt kaum einen Deutschen, der den Satz „Wenn’s um Geld geht, …“ nicht richtig beenden könnte. Kein anderer Markenclaim der Finanzbranche ist so erfolgreich. Nach 55 Jahren scheinen seine Tage jedoch gezählt zu sein…
Viele erinnern sich gerne an die – oft persiflierte – flotte Sparkassenwerbung aus dem Jahr 1995. Unter dem Motto „mein Haus, mein Auto, mein Boot“ wurde auf den Anlageberater der Sparkasse hingewiesen, ohne den das alles nicht möglich geworden wäre. Denn der Herr Schober war in der Schule nicht besonders gut. Die Sparkassenberatung hatte darüber aber hinweggeholfen und ihn zu einem vermögenden Mann gemacht.
Wer sich den Spot angesehen hat, wird sich auch an das besondere Markenzeichen der Sparkassen gerne zurückerinnern. Der Claim „Wenn´s ums Geld geht, Sparkasse“ stand stets am Anfang oder am Ende einer jeden Werbebotschaft.
Doch dies scheint der Vergangenheit anzugehören…
Erfolgreichster Finanzmarkenclaim seit 1963
Bis ins Jahr 1967 galt in Deutschland ein Wettbewerbsabkommen mit dem Charakter einer amtlichen Verordnung. Es verbot Banken und Sparkassen jede aufdringliche und jede der Berufsauffassung des Kreditgewerbes nicht entsprechende Werbung. Wie sich die Zeiten doch geändert haben…
Der berühmte Sparkassenclaim stammt aus dem Jahr 1963. Die Sparkassen sahen sich damals in der Pflicht, „große Teile ihre Kundschaft stärker an die Kreditwirtschaft und ihre Produkte heranführen“. In einem Aufsatz zur Historie des Sparkassenclaims schreibt Dr. Thorsten Wehber vom Deutscher Sparkassen- und Giroverband:
„Ziel des neuen Slogans war es, den Begriff ‚Sparkasse‘ als Marke zu etablieren und ihren Charakter als Universalkreditinstitut, das alle Bankdienstleistungen bietet, zu verdeutlichen.“
Seitdem war „Wenn’s um Geld geht – Sparkasse“ auf allen Plakaten, Anzeigen und Broschüren zu lesen oder in Radio- und TV-Spots zu hören.
Der Ostdeutsche Sparkassenverband schreibt dazu in seinem Geschichtsblog:
„Die Werbung wirkte durch den knackigen Slogan aufeinander abgestimmt und dadurch nachhaltiger. Das Ziel war erreicht.“
Am Anfang noch gesprochen, ersetzte später alleine die dazugehörende – erst 1993 komponierte – Melodie die Aussage. Kleine Anekdote am Rande: Das Jingle ist Gema-pflichtig, d.h. die Komponisten (oder deren Nachkommen) verdienen noch immer jedes Mal mit, wenn die Tonfolge öffentlich erklingt.
Waren es 1966 bereits 55 Prozent, die den Claim kannten, so bewegt sich der Wert zuletzt bei über 90 Prozent. Kein anderer Slogan für ein Finanzinstitut hat eine solch lange und erfolgreiche Historie und hat sich zugleich so überzeugend bei der Bevölkerung eingeprägt.
Abschaffung auf Raten?
Bereits vor einigen Jahren wurde öffentlich über eine angebliche Abschaffung des Claims diskutiert. Christian Achilles, Leiter Kommunikation und Medien beim DSGV, führte dazu im Februar 2015 bei Horizont Online folgendes aus:
Die Sparkassen wollen es den Menschen einfach machen, ihr Leben besser zu gestalten. Neben der räumlichen Nähe, die den Sparkassen aufgrund ihrer hohen Filialdichte traditionell zugeschrieben wird, wolle die Marke künftig vor allem auch für menschliche Nähe stehen. Damit verbunden sind diverse Bausteine, die der Marke Sparkasse neuen Schwung verleihen sollen. Dabei würde auch die Verwendung des Claims überprüft.
Drei Jahre später hat man den Eindruck, dass nicht nur die räumliche Nähe stark eingeschränkt wurde, sondern auch der Markenclaim faktisch verschwunden ist. Auf den Webseiten der Sparkassen wie auch auf Sparksse.de sucht man den Slogan jedenfalls vergeblich.
Der durch die Finanz Informatik bereitgestellte einheitliche Webauftritt sieht zwar Möglichkeiten einer Individualisierung vor, diese werden jedoch nur von wenigen Sparkassen mit lokalen Botschaften befüllt. Im Vordergrund der Sparkassenfinanzgruppe steht vielmehr die aktuelle Kampagne „Gemeinsam #AllemGewachsen“:
Überregional taucht das Jingle – wenn überhaupt – am Ende der TV-Werbung noch auf, allerdings stark modernisiert. Den geschriebenen oder gesprochenen Text sucht man vergebens.
Von Plakaten, Broschüren und Flyern scheint der Slogan komplett verbannt.
Das sagt der DSGV?
Auf Anfrage des Bank Blogs erklärte der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV):
„Der Claim ist weiterhin fester Bestandteil der Kommunikation und nach wie vor unser Markenclaim.“
Nur merkt man davon leider nichts mehr.
Auf Nachfrage erläuterte Silke Lehm, Leiterin für Marketing & Kommunikation beim DSGV:
„Unsere Werbebotschaften haben sich in den letzten zwei Jahren verändert. Wir wollen uns stärker als Institutsgruppe positionieren, die den Menschen dabei hilft, das Leben einfacher zu gestalten. Diese Botschaft steht für uns aktuell im Vordergrund.“
Mit anderen Worten: „Wenn’s um Geld geht …“ ist in den Hintergrund gerückt.
Das „Aus“ nach 55 erfolgreichen Jahren?
Wird hier ein überaus erfolgreicher Markenclaim, den fast alle Deutschen unabhängig von Alter, Geschlecht oder sozialer Prägung kennen, heimlich, still und leise aufgegeben?
Es scheint zumindest so.
Sicherlich ginge es zu weit, dies als Anfang vom Ende der Marke Sparkasse hochzustilisieren. In einer Zeit allerdings, in der viel über Tradition, Heimat und Vertrauen gesprochen wird, stimmt der Verzicht auf einen nach 55 Jahren unverändert modern und erfolgreichen Markenclaim zumindest nachdenklich.
Und auch betriebswirtschaftlich steht einiges auf dem Spiel. Was es wohl heute kosten würde, einen ähnlich erfolgreichen neuen Claim zu etablieren, der bis ins Jahr 2073 noch Bestand hat?