Wer hat Zugang zu Finanzdienstleistungen – und wer nicht?

Aktuelle Aspekte der Finanzinklusion

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Finanzielle Inklusion ist auch in Deutschland keine Selbstverständlichkeit. Verschiedene Aspekte entscheiden über den Grad an finanzieller Teilhabe. Eine aktuelle Studie zeigt Unterschiede beim Zugang zu Finanzdienstleistungen auf.

Aktuelle Trends, Studien und Research über Retail Banking

Das klassische Retail Banking, also das Geschäft mit der Mehrzahl der privaten Kunden, befindet sich in einem tiefgreifenden Prozess der Veränderung. Verändertes Kundenverhalten, intensiver Wettbewerb, die Digitalisierung und andere Faktoren führen zu einer stetigen Verengung der Margen und stellen Banken und Sparkassen zunehmend vor neue Herausforderungen. Studien zu den neuesten Trends und Entwicklungen und wie darauf reagiert werden kann finden Sie im Bank Blog.

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Die Finanzdienstleistungsbranche befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel: Die Digitalisierung hat in den letzten Jahren neue Akteure, Kommunikationswege und Angebote hervorgebracht, die inzwischen fest zu unserem Alltag gehören – jederzeit und überall verfügbar.

Allerdings profitieren nicht alle Menschen in Deutschland gleichermaßen von dieser Entwicklung. Verschiedene Bevölkerungsgruppen haben unterschiedlich gute Möglichkeiten, Finanzdienstleistungen zu nutzen und darauf zuzugreifen, was für einige eine echte Herausforderung darstellt.

In einer Studie beleuchtet die SCHUFA, wie stark verschiedene Bevölkerungsgruppen am Finanzleben beteiligt sind oder davon ausgeschlossen werden und welche Gründe dafür verantwortlich sind. Ein Index misst dabei den Grad der Teilhabe unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen an Finanzdienstleistungen wie Banking, Zahlungsverkehr und Kreditaufnahme. Im Folgenden präsentieren wir die zehn wichtigsten Erkenntnisse der Studie.

  1. Leichte Verbesserung der Finanz-Inklusion,
  2. Rückgang der Teilhabehürden,
  3. Mehr Menschen fühlen sich finanziell gleichberechtigt,
  4. Drei Faktoren der finanziellen Teilhabe,
  5. Männer haben mehr finanzielle Teilhabe als Frauen,
  6. Weniger Geld bedeutet weniger Finanzinklusion,
  7. Armutsgefährdung mindert finanzielle Teilhabe,
  8. Energiekosten ohne Einfluss auf finanzielle Teilhabe,
  9. Finanzkompetenz wird überschätzt,
  10. Vertrauen in Kredite ist gesunken.

1. Leichte Verbesserung der Finanz-Inklusion

Der Finanz-Inklusions-Index (FIX) misst, wie stark verschiedene Bevölkerungsgruppen an Finanzdienstleistungen wie Banking, Zahlungsverkehr und Kreditaufnahme beteiligt sind. Der Index setzt sich aus vier Dimensionen zusammen:

  • subjektive Zufriedenheit bei der Nutzung,
  • Finanzkompetenz,
  • Vertrauen und
  • Barrierefreiheit.

Für das Jahr 2024 liegt der Gesamt-Index der deutschen Bevölkerung bei 68 von 100 möglichen Punkten, was im oberen Mittelfeld der Skala angesiedelt ist. Im Vergleich zum Vorjahr 2023 (66,9 Punkte) ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Am höchsten fällt die Vertrauensdimension mit 72,3 Punkten aus, gefolgt von der Finanzkompetenz mit 69,3 Punkten. Niedrigere Werte zeigen sich bei der Barrierefreiheit (64,9 Punkte) und der subjektiven Zufriedenheit mit der Nutzung (64,5 Punkte).

2. Rückgang der Teilhabehürden

Der größte Anstieg wurde bei der Barrierefreiheit verzeichnet. Während im Vorjahr 62,1 Punkte erreicht wurden, liegt der Wert für 2024 bei 64,9 Punkten, was einem Zuwachs von 2,8 Punkten entspricht. Die Befragten bemerken beispielsweise Verbesserungen in der Kommunikation mit ihrer Bank. So gaben 2023 noch 34,2 Prozent der Befragten an, dass im vergangenen Jahr ein Anliegen mit der Bank nicht geklärt werden konnte. 2024 ist dieser Anteil auf 23,7 Prozent gesunken.

In den anderen Dimensionen fallen die Veränderungen weniger stark aus: Die Nutzungszufriedenheit stieg von 63,8 Punkten (2023) auf 64,5 Punkte (2024), die Finanzkompetenz von 67,7 auf 69,3 Punkte. In der Dimension Vertrauen zeigt sich hingegen ein minimaler Rückgang von 72,5 auf 72,3 Punkte.

3. Mehr Menschen fühlen sich finanziell gleichberechtigt

In der Dimension der Finanzkompetenz sind vor allem beim Indikator Finanzentscheidungen Verbesserungen erkennbar. Mehr Menschen fühlen sich bei ihren finanziellen Entscheidungen gleichberechtigt. Der Anteil der Befragten, die angaben, bei finanziellen Entscheidungen auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein, lag 2023 noch bei 36,5 Prozent. Im Jahr 2024 ist dieser Anteil um 8,3 Prozentpunkte auf 28,2 Prozent gesunken.

Gleichzeitig ist das Gefühl der Gleichberechtigung in finanziellen Fragen im Vergleich zum Vorjahr gestiegen: 2023 empfanden 64,0 Prozent der Befragten Gleichberechtigung – 2024 liegt dieser Wert bei 68,2 Prozent.

4. Drei Faktoren der finanziellen Teilhabe

Die finanzielle Teilhabe wird vor allem durch drei Faktoren beeinflusst:

  • Alter,
  • subjektives Haushaltseinkommen und
  • Umgang mit digitalen Technologien.

Personen im höheren Alter, die über ein hohes Haushaltseinkommen und sichere digitale Kompetenzen verfügen, weisen eine höhere finanzielle Teilhabe auf als jüngere Menschen, Personen mit niedrigem Einkommen oder geringeren digitalen Fähigkeiten. Diese Ergebnisse haben sich im Vergleich zur Vorjahresstudie kaum verändert.

Allerdings zeigt sich, dass sich die finanzielle Teilhabe zwischen den jungen und älteren Generationen im letzten Jahr angenähert hat. Der Unterschied im Index zwischen den ältesten Befragten (65-74 Jahre) und den jüngsten (16-24 Jahre) ist von fast 25 auf etwa 16 Skalenpunkte gesunken. Diese Annäherung ist auf Veränderungen in beiden Altersgruppen zurückzuführen.

5. Männer haben mehr finanzielle Teilhabe als Frauen

Der Gesamtwert des Finanz-Inklusions-Index unterscheidet sich bei Männern (69,8 Punkte) und Frauen (65,9 Punkte) um etwa vier Skalenpunkte. Männer erzielen in allen vier Dimensionen höhere Werte als Frauen, wobei der größte Unterschied in der Finanzkompetenz besteht: Männer erreichen hier durchschnittlich 70,4 Punkte, Frauen hingegen 66,3 Punkte.

Eine objektive Prüfung der Finanzkompetenz anhand von Wissensfragen zu Themen wie Zinsen, Inflation und Geldanlagen bestätigt ebenfalls, dass Männer im Durchschnitt mehr richtige Antworten geben als Frauen.

6. Weniger Geld bedeutet weniger Finanzinklusion

Erstmals wurde erfasst, wie viele der Befragten aufgrund finanzieller Einschränkungen auf wichtige Güter, Dienstleistungen und soziale Aktivitäten verzichten müssen – ein Zustand, der als materielle und soziale Entbehrung bezeichnet wird.

Diese Gruppe hat mit 61,3 Skalenpunkten einen deutlich niedrigeren FIX-Wert als diejenigen, die nicht betroffen sind, bei denen der Wert bei 70,9 Skalenpunkten liegt. Der Unterschied beträgt fast zehn Skalenpunkte.

Besonders in der Dimension „Nutzungszufriedenheit“ zeigen sich erhebliche Unterschiede: Personen, die unter materieller und sozialer Entbehrung leiden, erreichen hier einen um mehr als 15 Skalenpunkte niedrigeren Wert im Vergleich zu Personen ohne solche Einschränkungen.

7. Armutsgefährdung mindert finanzielle Teilhabe

Personen, die nach dem Nettoäquivalenzeinkommen als armutsgefährdet gelten, weisen mit 64,9 Skalenpunkten eine geringere Finanz-Inklusion auf als diejenigen, die nicht von Armut bedroht sind und 71,0 Skalenpunkte erreichen. Besonders ausgeprägt sind die Unterschiede in den Dimensionen „Nutzungszufriedenheit“ und „Finanzkompetenz“, wo armutsgefährdete Personen jeweils um 8,7 bzw. 8,4 Skalenpunkte hinter den Befragten mit höherem Einkommen zurückliegen.

8. Energiekosten ohne Einfluss auf finanzielle Teilhabe

Ob der Anteil der Ausgaben für Energiekosten unter zehn Prozent des Haushaltsnettoeinkommens liegt oder nicht, hat keinen signifikanten Einfluss auf die finanzielle Teilhabe. Der Unterschied im FIX-Wert zwischen den beiden Gruppen beträgt lediglich etwa einen Skalenpunkt.

Das Fehlen eines deutlichen Zusammenhangs deutet darauf hin, dass die gestiegenen Energiekosten der letzten Jahre möglicherweise keinen unmittelbaren Einfluss auf die finanzielle Teilhabe der Menschen gehabt haben.

9. Finanzkompetenz wird überschätzt

Die subjektive Einschätzung der Befragten bezüglich ihrer Finanzkompetenz wurde mit Wissensfragen zu Themen wie Zinsen, Anlageoptionen und Inflation überprüft, um die objektive Finanzkompetenz zu ermitteln. Die Ergebnisse zeigen, dass 40 Prozent der Befragten ihre Finanzkompetenz überschätzen.

Bei etwa einem Drittel der Befragten stimmen die subjektive Einschätzung und die objektive Finanzkompetenz überein, während rund ein Viertel eine höhere objektive Finanzkompetenz aufweist als ihre eigene Einschätzung.

Die größten Diskrepanzen zwischen subjektiver Finanzkompetenz und objektivem Wissen treten vor allem bei folgenden Faktoren auf:

  • Ältere Personen im Alter von 55 bis 74 Jahren schätzen ihre Finanzkompetenz realistischer ein als jüngere Menschen.
  • Personen, die sich im Umgang mit digitalen Technologien sehr sicher fühlen, neigen dazu, ihre Finanzkompetenz zu überschätzen. Diese Gruppe erzielt die höchsten Werte in der Dimension der subjektiven Finanzkompetenz, aber etwa die Hälfte von ihnen überschätzt ihre tatsächliche Finanzkompetenz.

10. Vertrauen in Kredite ist gesunken

In der Dimension Vertrauen ist ein Rückgang des Vertrauens in Kredite zu beobachten: 2023 hielten noch 55,4 Prozent der Befragten Kredite für sicher, während 2024 nur noch 46,8 Prozent diese Einschätzung teilen. Diese Entwicklung spiegelt eine zunehmende Unsicherheit im Umgang mit Krediten wider.

Auch in der Dimension Finanzkompetenz zeigt sich eine Veränderung im Antwortverhalten: Die Befragten fühlen sich deutlich unsicherer im Umgang mit Krediten als im Vorjahr. Auf einer Skala von 1 bis 5 (1: „Überhaupt nicht sicher“ / 5: „Sehr sicher“) liegt der Durchschnittswert der Befragten in diesem Jahr bei 3,1, im Vergleich zu 3,6 im Vorjahr.

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Über den Autor

Dr. Hansjörg Leichsenring

Dr. Hansjörg Leichsenring ist Herausgeber des Bank Blogs und der Finanzbranche seit über 30 Jahren beruflich verbunden. Nach Banklehre und Studium arbeitete er in verschiedenen Positionen, u.a. als Direktor bei der Deutschen Bank, als Vorstand einer Sparkasse und als Geschäftsführer eines Online Brokers. Als Experte für Strategien in den Bereichen Digitalisierung, Innovation und Vertrieb ist er gefragter Referent und Moderator bei internen und externen Veranstaltungen im In- und Ausland.

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