Laut einer Studie sehen 91 Prozent der befragten Risikomanager in Banken den Klimawandel als das größte Risiko der nächsten fünf Jahre an. Der Bankensektor kennt also die Klimaherausforderungen. Doch wie genau wird er davon tangiert?
Die Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA) zur Kreditvergabe und Überwachung, die 2020 erlassen wurden, enthalten die explizite Aufforderung an Finanzinstitute, Klima- und Umweltrisiken in ihre Risikomodelle aufzunehmen. Um den neuen ESG-Risiken zu begegnen, haben viele Banken schrittweise damit begonnen, ESG-Faktoren zu identifizieren, zu messen und zu überwachen sowie bei der Steuerung von Kreditrisiken einen stärker datengetriebenen Ansatz zu verfolgen.
In der Umsetzung stehen die Finanzinstitute allerdings vor zahlreichen Herausforderungen. Eine dieser Herausforderungen ist die unzureichende Datenlage. Zwar verfügen Banken bekanntlich über große Datenbestände (Kundendaten), die jedoch häufig unvollständig oder von minderer Qualität sind. Diese Datenlücken erschweren effektive Risikotransformationsprojekte.
Welche Umweltrisiken bestehen für europäische Banken?
Im Mai 2022 veröffentlichte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) ein Diskussionspapier über die Rolle von Umweltrisiken im aufsichtsrechtlichen Rahmen. Ziel war es, sicherzustellen, dass die aufsichtsrechtlichen Anforderungen alle zugrunde liegenden Risiken widerspiegeln und die Widerstandsfähigkeit der Finanzinstitute gegen diese Risiken letztlich auch gestärkt wird. Darüber hinaus erläutert das Papier, wie die in die Governance- und Risikomodelle einer Bank integrierten Umweltfaktoren in klimabezogene Risiken übersetzt werden können. Für Banken ist dies der Schritt von der Theorie in die Praxis.
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass laut EBA „Umweltrisiken nicht per se als neue Risikokategorie, sondern vielmehr als Risikotreiber anzusehen sind, die sich über verschiedene Kanäle auf die bereits bekannten Risikoarten auswirken“. Als Haupttreiber werden physische Risiken und Transitionsrisiken beschrieben. Diese Risikotreiber materialisieren sich in unterschiedlichen finanziellen Risikokategorien, insbesondere im Kreditrisiko, die die Banken durch ihre Eigenmittelanforderungen primär abdecken.
Zwei Kategorien der Klimarisiken für Banken
Grundsätzlich lassen sich die Klimarisiken für Banken in zwei Kategorien unterteilen:
- Physische Risiken: Diese betreffen die drohende Zunahme von Kosten und Schäden an Infrastruktur oder Vermögenswerten aufgrund von akuten Ereignissen wie dem häufigeren Auftreten von Wetterextremen, aber auch dauerhaften Auswirkungen (chronische Risiken) wie Wasserknappheit oder steigende Meeresspiegel.
- Transitionsrisiken: Unter Transitionsrisiken, auch Übergangsrisiken genannt, versteht man finanzielle Verluste aufgrund eingreifender Maßnahmen der Klimapolitik (z. B. Bepreisung von CO2-Emissionen), technologischer Durchbrüche (z. B. im Bereich Kohlenstoffabscheidung und erneuerbare Energien) oder verändertem Verbraucherverhalten (z. B. verstärkte Nutzung von E-Autos).
Drei Herausforderungen bei der Integration von Umweltrisiken
Trotz mangelnder Verfügbarkeit vollständiger Daten wird von europäischen Finanzinstituten eine zügige Umstellung auf nachhaltige Modelle erwartet, in denen Klimarisiken angemessen berücksichtigt werden. Um Fortschritte zu erzielen, gilt es, mehrere Herausforderungen parallel zu bewältigen.
1. Fehlende Daten
Die größte Herausforderung stellt für Banken ein Mangel an verlässlichen, aktuellen und vollständigen – insbesondere ESG-bezogenen – Daten dar, denn es fehlen detaillierte Informationen zu den eigenen Assets und den zugrunde liegenden Vermögenswerten (z. B. Immobilien, für die Banken Kredite an Privatpersonen vergeben).
2. Fachkräftemangel
Laut einer EY-Studie von 2022 stehen Data Science und Klimawandel an zweiter bzw. dritter Stelle der wichtigsten Risikomanagement-Kompetenzen in den nächsten drei Jahren. Wie eingangs erwähnt, müssen Finanzinstitute ihren Datenhaushalt künftig optimieren. Dazu ist jedoch die Unterstützung von ESG-Datenexperten notwendig. Leider sind diese hochqualifizierten Nischenexperten auf dem Arbeitsmarkt nur schwer zu finden, was die Einführung neuer Modelle oder Lösungen weiter erschwert.
3. Regulatorischer Druck
Die im Mai 2020 veröffentlichten „Guidelines on loan origination and monitoring“ der EBA definieren erste Grundlagen dafür, wie Banken die Qualität ihrer Kreditvergabepraxis und Kreditüberwachung steuern und verbessern können. Häufig gibt es bei der Einführung neuer Verordnungen oder Richtlinien allerdings Interpretationsspielräume bei der Auslegung. Ein Beispiel ist der Einsatz von AVMs (Automated Valuation Models) oder externen Datensätzen. Erst Ende 2022 hat die BaFin die 7. MaRisk-Novelle zur Konsultation veröffentlicht und hierdurch mehr Klarheit für Banken geschaffen. Es wird nahegelegt, mit externen Dienstleistern zusammenzuarbeiten, wenn die entsprechenden Ressourcen intern nicht vorhanden sind.
Datenlücken durch Datenlösungen stopfen
Das Thema ESG hat für Finanzinstitute in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Trotz des regulatorischen Drucks und der hohen Priorisierung der ESG-Thematik fällt es vielen Banken jedoch aufgrund fehlender bzw. unvollständiger Daten nach wie vor schwer, diese Faktoren in ihre Risikomanagement-Strukturen zu integrieren. Durch die Anbindung entsprechender Lösungen zur Bewältigung dieser Herausforderungen kann es Banken jedoch gelingen, zusätzliche Daten zu erfassen oder bestehende Kredit- und Immobiliendatenbanken mit ESG-Daten anzureichern.
Das Whitepaper „Megatrend Nachhaltigkeit: Wie Banken ihre ESG-Ziele mittels Immobiliendaten effektiver erreichen und Risiken im Kreditportfolio reduzieren“ können Sie hier herunterladen.
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