Immer häufiger hört man von Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft den Satz „Wir haben verstanden“. Wenn allerdings die Konsequenzen ausbleiben, sind die Folgen gravierend.

Vertrauen ist eine zarte Pflanze

„Das Vertrauen ist eine zarte Pflanze. Ist es einmal zerstört, so kommt es so bald nicht wieder.“ Otto Eduard Leopold von Bismarck

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Sei es in der Wirtschaft (zuletzt VW) oder in der Politik (nach der Bundestagswahl). Ein Satz ist besonders oft zu hören, wenn es darum geht, eine (meist) krisenhafte Situation zu kommentieren: „Wir haben verstanden“. Meistens wird dieser Satz dann von den vermeintlich Verantwortlichen gebetsmühlenartig wiederholt.

Auch im Finanzsektor findet man ihn. So verkündete u.a. die Commerzbank 2012 „Wir haben verstanden“ und versprach mehr Nachhaltigkeit. In zahlreichen Werbespots wurde (und wird) versprochen, den Kunden und seinen Bedarf in den Mittelpunkt der Geschäftspolitik zu stellen. Und auch die Deutsche Bank hat den Satz an verschiedenen Stellen mit wechselnden Protagonisten immer wieder bemüht.

Nun hat die Quirin Bank das Thema aufgegriffen und lässt den Schauspieler Ulrich Tukur tiefsinnige Fragen stellen, wie

  • Kann ich meiner Bank noch vertrauen?,
  • Verdient meine Bank mit meinem Geld mehr als ich? Oder
  • Aus welcher Perspektive sieht mich eigentlich meine Bank?

Hier ein Beispiel:

https://www.youtube.com/watch?v=Zm_5oDUcHJU

Vermittelt werden soll – einmal mehr – der Eindruck „Wir sind anders als die anderen“. Oder noch deutlicher formuliert „Wir sind die Guten – die anderen die Bösen!“. Aber gibt es wirklich Geldinstitute, die andere Antworten haben als der Rest der Branche? Ich habe da so meine Zweifel…

Marketingkampagne oder Vertrauensbildung?

Vertrauen ist das wichtigste Fundament für den Aufbau von Beziehungen jeglicher Art und Voraussetzung für Markenbildung und Reputation. Der Satz „Wir haben verstanden“ soll – so glauben zumindest diejenigen, die ihn aussprechen – beruhigend wirken und eben jenes Vertrauen suggerieren, das abhandengekommen scheint. Wenn man aber sagt (und vielleicht auch selbst glaubt, „verstanden zu haben“, daraus jedoch nicht die notwendigen und richtigen Konsequenzen zieht, sind die Menschen beunruhigter, frustrierter als zuvor und verlieren erst recht das Vertrauen.

Was dies in der Politik bewirken kann, hat man bei der letzten Bundestagswahl erlebt. In der Wirtschaft (inkl. Banking) sieht man das Ergebnis in einer abnehmenden Loyalität der Kunden und einer Zunahme der Wechselbereitschaft.

„Eine Mehrheit der Bevölkerung zweifele nach aktuellen Studien daran, dass das heutige wirtschaftlich-politische System in ihrem Interesse arbeite.“
Georg Fahrenschon, Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands

Die Erkenntnis scheint also vorhanden zu sein. Ob daraus die richtigen Schlussfolgerungen gezogen werden, erscheint jedoch fraglich. Vertrauen kann man nämlich nicht erkaufen, mein Eindruck ist aber, dass lieber Geld in Marketingkampagnen investiert wird, als in die Beziehung zu den Kunden. Das mag ketzerisch klingen. Aber wohin man auch hört, klagen Mitarbeiter über zunehmenden Vertriebsdruck. Die Niedrigzinsphase hat diesen noch erhöht, kommen doch dringend benötigte Provisionsergebnisse nicht durch Bestand sondern nur durch aktiven Verkauf zustande.

Und immer wieder zeigen erst Gerichtsurteile den Banken auf, wo die Grenze zwischen Eigennutz und Kundennutzen zu ziehen ist. Kein Wunder, dass Kunden Banken und Sparkassen ein großes Eigeninteresse bei der Beratung unterstellen.

„Zurück zu den Wurzeln“ als Erfolgsstrategie

Ohne philosophisch werden zu wollen, muss die Frage erlaubt sein, welchen dauerhaften Schaden Politik und Wirtschaft nehmen werden, wenn Vertrauen und Glaubwürdigkeit als elementare Grundlagen von Demokratie und Marktwirtschaft immer mehr abhandenkommen.

Ein Leser berichtete mir vor kurzem von einem interessanten Gespräch mit einem Ruheständler, der lange Jahre Vorstandsmitglied einer namhaften Bank war. Nach seiner Beobachtung verfallen immer mehr Vertriebsmitarbeiter dem Zustand der inneren Kündigung. Auf die Frage nach tragfähigen Alternativkonzepten für die Bank von morgen vertrat er die Ansicht, dass man geschäftspolitisch nicht ständig dieselben Fehler (mit neuen Etiketten) wiederholen solle, sondern sich im Hinblick auf Unternehmensphilosophie und Ethik „back to the roots“ bewegen möge.

Institute hätten mit einem überzeugend vorgelebten, wirklich partnerschaftlichen Geschäftsmodell die Chance, einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren Konkurrenten zu erlangen. Gerade bei anspruchsvollen, vermögenden Kunden und Firmenkunden, aber auch – davon bin ich überzeugt – im breiten Retail Banking.

Wie an dieser Stelle schon häufiger diskutiert, fehlt es jedoch vielfach an ausreichender Bereitschaft (vielleicht mitunter auch an der Fähigkeit) zur Differenzierung. Dabei wäre dies gerade für Banken und Sparkassen wichtig. Ein me-too hat jedoch noch nie als strategischer Erfolgsfaktor getaugt.

Wie formulierte es einst Alfred Herrhausen:

Wir müssen das, was wir denken, auch sagen.

Wir müssen das, was wir sagen, auch tun.

Und wir müssen das, was wir tun, dann auch sein.

Dem ist nichts hinzuzufügen!