Der Begriff „Greenwashing“ ist – gerade in Kombination mit Finanzprodukten – bereits zu unrühmlichen Ehren gekommen. Gleiches könnte mit Künstlicher Intelligenz geschehen. Schon wird von „KI-Washing“ gesprochen.
Vor gar nicht allzu langer Zeit war es „in“ sein Geschäftsmodell mit Blockchain oder Krypto-Token aufzupeppen. Es gab Unternehmen, die mit der bloßen Erwähnung ihren Aktienkurs in die Höhe treiben konnten. So änderte eine Getränkefirma namens „Long Island Iced Tea Corp“ ihren Namen in „Long Blockchain“ und verkündete, dass sie sich zukünftig auf die Nutzung der Blockchain-Technologie konzentrieren wolle. Ihre Aktie stieg daraufhin um 200 Prozent. Die Kryptowährung „Dogcoin“ war eigentlich als Witz gedacht, erreichte in der Spitze jedoch eine Marktkapitalisierung von zwei Milliarden US-Dollar.
KI – Der neue Hype?!
Inzwischen gibt es mit Künstlicher Intelligenz und insbesondere mit generativer KI einen neuen Hype. Gartner stuft generative KI in seinem jüngsten Hype Cycle als auf dem „Gipfel der überzogenen Erwartungen“ stehend ein.
Zugleich ist der Begriff KI unverändert sehr schwammig und wenig konkret. Eine einheitliche Definition für den allgemeinen Sprachgebrauch gibt es nicht. Zudem gab es bereits viele Wellen, in den das Thema Künstliche Intelligenz seit den 50er Jahren im 10 bis 15-Jahres- Rhythmus immer wieder neue definiert wurde,
„KI“ ist en vogue
Diese Kombination aus Hype und fehlender Klarheit ist ein Rezept dafür, dass der Begriff „KI“ wahllos auf so ziemlich alles angewendet wird. Auf der diesjährigen Tech-Messe CES wurden die unterschiedlichsten Produkte vorgestellt. Die Palette reicht von KI-gesteuerten Kissen über Staubsauger bis hin zu Zahnbürsten. Alles, was einen Algorithmus verwendet, wird als „KI“ bezeichnet. Kein Produkt scheint zu langweilig oder eintönig zu sein, um dem Einbezug von KI zu entgehen.
Enttäuschung vorprogrammiert
Wie schon in den vorangegangenen Hype-Phasen von KI ist auch dieses Mal die Enttäuschung vorprogrammiert. Und dies nicht nur, weil Im Hype Cycle-Modell von Gartner auf den „Gipfel der überhöhten Erwartungen“ der „Tiefpunkt der Enttäuschung“ folgt.
Insbesondere die Vermischung von generativer KI und anderer KI kann zur Verwirrung beitragen. Menschen, die von der „Magie“ von ChatGPT begeistert sind, erwarten einfach zu viel an anderer Stelle. Nicht selten werden sie feststellen, dass „KI-gesteuert“ nur alter Wein in neuen Schläuchen ist.
Unternehmen sollen kein KI-Washing betreiben
Der Vorsitzende der SEC Gary Gensler warnte bereits vor „KI-Washing“. Dies sei die High-Tech-Version von „Greenwashing“. Er stellte fest, dass SEC-registrierte Unternehmen in den letzten Jahren deutlich mehr Angaben zu KI gemacht haben. Dies weise auf einen wachsenden Trend hin, dass Unternehmen den Hype um KI ausnutzen, um ihre Attraktivität zu steigern.
Die öffentliche Begeisterung für künstliche Intelligenz ermutige einige Unternehmen jedoch dazu, übertriebene oder sogar falsche Behauptungen über den Einsatz von KI oder die Möglichkeiten der Technologie aufzustellen und so Konsumenten in die Irre zu führen. Gensler warnte, dass solche Praktiken zu Verstößen gegen die SEC-Vorschriften führen könnten.
Unternehmen sollten daher – auch bei Marketing und Werbung – wahrheitsgemäß über den Einsatz von KI und die damit verbundenen Risiken berichten, insbesondere dann, wenn sie Geld am Kapitalmarkt aufnehmen.
Auf den Bedarf der Kunden achten
Wenn im Marketing etwas angepriesen wird, was am Ende nicht das ist, was die Kunden erwartet haben, wird die Kundenzufriedenheit auf eine harte Probe gestellt. In der Hektik des Hypes um neue Technologien sollte man die tatsächlichen Bedürfnisse der Verbraucher daher nicht aus den Augen verlieren. Die Anwendung der neuen Technologie kann möglicherweise dazu beitragen, diese Bedürfnisse zu erfüllen, möglicherweise aber auch nicht.
Unternehmen, auch Banken, neigen dazu, sich auf das Produkt zu konzentrieren und nicht auf den Verbraucher. Es wird nicht mehr lange dauern, bis die ersten Institute KI-gestützte Beratung anbieten, sei es zur Geldanlage oder zur Aufnahme eines Kredits. Aber auch im Zeitalter der künstlichen Intelligenz gilt: Der Bedarf der Kunden ist entscheidend, nicht das Produkt.