Wirtschaftliche Großbaustellen als Folge der Corona-Krise

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Infolge der Corona-Pandemie ist eine ganze Reihe wirtschaftlicher Großbaustellen entstanden. Volkswirtschaftlich vorrangige Bedeutung hat jetzt die Versorgung der KMU mit Liquidität in Form von KfW-Krediten.

Corona-Pandemie mit dramatischen Folgen für die Wirtschaft

Die Corona-Pandemie hat dramatische Folgen für die Wirtschaft.

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Es dürfte noch Monate dauern, um die konjunkturellen und strukturellen Schäden der aktuellen Corona-Pandemie auch nur ansatzweise zu quantifizieren und zu qualifizieren. Die absehbaren Konsequenzen können allerdings bereits jetzt als desaströs klassifiziert werden.

So erwartet die deutsche Industrie für den Zeitraum Mai bis Juli – laut ifo-Index – einen so noch nie erlebten Einbruch ihrer Produktion. Auch der Auftragseingang befindet sich auf schneller Talfahrt, sind doch die Order im März – gegenüber dem Vormonat – um 15,6 Prozent zurückgegangen.

Woher der Wind weht, zeigen schlaglichtartig die Autoverkäufe bei VW, die im April – im Vergleich zum Vorjahresmonat – um sage und schreibe 83 Prozent eingebrochen sind. Der DIHK sieht in dieser Entwicklung nur den Aufgalopp für noch stärkere Einschnitte im Außenhandel: „Die globale Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen sinkt, Investitionen werden gestrichen und Handelshemmnisse nehmen zu. Wir rutschen damit in eine Weltwirtschaftskrise.“ Der DIHK rechnet mit einem Rückgang der Exporte in diesem Jahr um mindestens 15 Prozent. Die WTO hält einen Absturz des Welthandels um bis zu 32 Prozent für möglich.

Europäische Verhältnisse

Die EU-Kommission erwartet in ihrer Frühjahrsprognose für das laufende Jahr einen BIP-Rückgang um 7,7 Prozent. Damit sei die EU in die tiefste Rezession ihrer Geschichte eingetreten. Unterstellt wird dabei, dass die Restriktionen nach dem zweiten Quartal schrittweise aufgehoben werden und dass es gelingt, die Pandemie einzudämmen. Die Kommission verleiht ihrer Hoffnung Ausdruck, dass die von den Regierungen und der EZB ergriffenen Liquiditätsmaßnahmen ausreichen werden, um eine größere Insolvenzwelle bei den Unternehmen zu verhindern. Die Arbeitslosigkeit werde im Euroraum-Durchschnitt von 7,5 Prozent (2019) auf 9,6 Prozent in diesem Jahr steigen.

In Deutschland haben schon über 750.000 Betriebe für 10 Mio. Beschäftigte Kurzarbeit angezeigt. Die Arbeitslosigkeit ist in nur einem Monat um 300.000 Menschen gestiegen. In den USA haben in nur zweieinhalb Monaten über 30 Mio. Personen ihre Jobs verloren. Infolge der Corona-Krise wird die durchschnittliche  Schuldenquote der EU-Länder erstmals die 100 Prozent-Marke beim BIP überschreiten. Die Schulden im Euroraum werden also die jährliche Wirtschaftsleistung übertreffen.

Nur zur Erinnerung: Der in den Maastricht-Verträgen fixierte Höchstwert beläuft sich auf 60 Prozent des BIP. Auch bei der Neuverschuldung werden alle EU-Länder deutlich gegen die Maastricht-Vorgabe von 3 Prozent verstoßen. Die Staatsdefizite in Italien, Spanien und Frankreich dürften Werte um 10 Prozent erreichen. Für Deutschland erwartet die Kommission in 2020 eine Neuverschuldung um 7 Prozent. Der Steuerausfall infolge von Corona dürfte hierzulande schon in diesem Jahr die 100- Mrd.-Euro-Marke überschreiten.

KMU in Liquiditätsnöten

Die Bundesregierung hat bekanntlich einen Bazooka-Einsatz angekündigt, um alle Corona-geschädigte Firmen mit Liquiditätshilfen zu versorgen. Bei Großkonzernen wie Adidas, TUI, Lufthansa und Bahn funktioniert das Verfahren offenbar schnell und unbürokratisch. Die Versorgung kleiner und mittelgroßer Unternehmen mit KfW-Krediten scheint dagegen wesentlich holpriger zu verlaufen. Ende April hatten die Banken über 18.000 Anträge mit einem Volumen von 29 Mrd. Euro bewilligt. Nicht veröffentlicht wurden die Anzahl und Begründungen von Ablehnungen.

Offenbar scheuten einige Banken trotz 90-prozentiger Haftungsübernahme des Staates die Kreditvergabe, weil sie Ausfälle befürchteten und die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise nicht überschauen können. Schon vor einigen Wochen hat der Bundeswirtschaftsminister  diese Verweigerungspraxis deutlich kritisiert. Ziel des Programms sei die Überbrückung finanzieller Engpässe. Sein Ministerium hat inzwischen die KfW-Hilfen nachgebessert und den Schnellkredit kreiert. Bei Firmen mit mehr als zehn Mitarbeitern und einer Kreditsumme von bis zu 800.000 Euro befreit der Staat die Banken nun sogar von jeglicher Haftung und übernimmt also das gesamte Kreditrisiko. Trotzdem scheinen einige Banken die Vergabe von Corona-Krediten an Großunternehmen zu bevorzugen, weil sie hier mehr Spielraum bei der Zinsvereinbarung haben.

Die KfW sieht keine Möglichkeit, konstruktiv auf Bremserbanken einzuwirken. Die Entscheidung über die Kreditvergabe liegt letztlich bei den Banken. Die staatliche Förderbank  teilte auf Anfrage mit: „Es gibt aus unserer Sicht keine Grundlage dafür, negative Kreditentscheidungen der Banken systematisch zu prüfen.“

Vor der Pleitewelle

Einer im April durchgeführten ifo-Umfrage  zufolge sehen sich zahlreiche deutsche Unternehmen durch die Corona-Krise in ihrer Existenz bedroht. 29,2 Prozent der Firmen haben dabei angegeben, nur drei Monate oder kürzer überleben zu können, falls die Einschränkungen für längere Zeit Bestand haben sollten. 52,7 Prozent limitieren ihre Durchhaltefähigkeit auf höchstens sechs Monate. Besonders gefährdet sind offenbar der Einzelhandel und die Dienstleister, während sich der Bau nach langer Boom-Phase am stabilsten zeigt. Ifo bewertet diese Zahlen als beunruhigende Signale, die auf eine baldige Pleitewelle hindeuten.

Nach Einschätzung von Euler-Hermes, dem weltgrößten Kreditversicherer, werden die Insolvenzen 2020 global um 20 Prozent zulegen. Haupttreiber seien die USA mit einem Anstieg um 25 Prozent und Europa mit einem Zuwachs um 19 Prozent. In Deutschland soll sich die Zahl der Firmenpleiten um mindestens 10 Prozent erhöhen.

Die Bundesbank  erwartet für das dritte Quartal einen sprunghaften Anstieg an Kreditausfällen für deutsche Banken. Aktuell sei die Lage im Bankensektor stabil, aber das gelte „womöglich nicht für jedes einzelne Geldhaus“. Die EZB sieht die deutschen Institute angesichts ihrer geringen Profitabilität vor großen Herausforderungen. Der hiesige Markt gilt wegen seiner hohen Zahl an Wettbewerbern als „overbanked“, was auch Ursache der Ertragsschwäche sei. Die deutsche Wirtschaft befindet sich folglich in einer prekären Situation: Banken, die Kreditausfälle befürchten, verweigern Unternehmen KfW-Kredite und begünstigen so Finanznöte und letztlich Insolvenzen.

Die Zeit danach …

Der sächsische Ministerpräsident hat in einem Interview die Frage, was Deutschland aus der Corona-Krise lernen könne, in bemerkenswerter Weise so beantwortet: „Wir müssen uns klarwerden, wie wir uns künftig vor Pandemien schützen können und wie sehr wir dabei vom Weltmarkt abhängen wollen. Ich finde, wir dürfen es nicht übertreiben. Außerdem werden wir nicht alles mit Geld klären können. Die Bewältigung dieser Krise kostet immense Summen, die wieder eingespielt werden müssen. Und das kann meiner Meinung nach nur durch mehr Freiheit und weniger Bürokratie passieren. Da muss sich vor allem die SPD bewegen. Wir dürfen nicht weiter umverteilen und regulieren. Die Unternehmer brauchen Freiheit, um Geld zu verdienen, und sie sollen möglichst viel davon auch behalten können. Darum muss es bei der nächsten Bundestagswahl gehen.“

Über den Autor

Dietrich W. Thielenhaus

Der Unternehmer Dietrich W. Thielenhaus, der vor seinem Studium Bankerfahrung gesammelt hat, kommentiert aktuelle Entwicklungen in Politik, Wirtschaft und Geldanlage.

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