Steht die europäische Wirtschaft vor einer schweren Rezession? Die schlechte Stimmung in der Realwirtschaft greift auf die Finanzbranche über. Einer aktuellen Umfrage zufolge hat sich die Stimmung dort weiter verschlechtert.
Die europäische Wirtschaft steht seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs vor enormen Herausforderungen: Hohe Inflationsraten, explodierende Energiepreise und sinkende Wachstumsraten könnten Europa in eine schwere Rezession stürzen. Umfangreiche Maßnahmenpakete in Deutschland und in vielen anderen europäischen Ländern sollen die Folgen für die Bevölkerung abmildern.
Aufgrund umfangreicher staatlicher Hilfsprogramme mehren sich die Sorgen um die Rückkehr der Staatsschuldenkrise, die 2010 die Europäische Union belastet hat. Vor diesem Hintergrund stellt sich auch die Frage nach der Stabilität des Bankensektors.
Schlechte Stimmung in der Finanzbranche
Das Center for Financial Studies der Frankfurter Goethe-Universität hat die Ergebnisse seiner vierteljährlichen Umfrage zur Stimmung in der deutschen Finanzbranche vorgelegt. Die Stimmung in der deutschen Finanzbranche hat sich demnach gegenüber dem zweiten Quartal 2022 – und damit zum dritten Mal in Folge – weiter verschlechtert.
Der CFS-Index, der Verfassung der deutschen Finanzbranche abbildet, sinkt im dritten Quartal 2022 um 4,3 Punkte auf 102,4 Punkte. Im Vergleich zum Vorjahr fällt der Wert um 11,6 Punkte. Das ist der niedrigste Stand seit April 2020 und seit den Jahren 2008 und 2009, als ein negatives Niveau unter dem neutralen Stand von 100 Punkten erreicht wurde.
Die rückläufige Entwicklung basiert wesentlich auf dem gesunkenen Umsatz- und Ertragswachstum der gesamten Finanzbranche und dem rückläufigen Wachstum der Mitarbeiterzahlen und des Investitionsvolumens der Dienstleister. Das Wachstum des Investitionsvolumens der Finanzinstitute ist hingegen kaum gesunken.
Finanzbranche bleibt pessimistisch
Wie bereits im letzten Quartal sind die Erwartungen der gesamten Finanzbranche für das laufende Quartal an ihr Umsatz- und Ertragswachstum und an das Wachstum des Investitionsvolumens ausgesprochen pessimistisch. Erfreuliche Meldungen kommen nur seitens eines leicht gestiegenen Mitarbeiterwachstums der Finanzinstitute. Auch die Dienstleister erwarten im laufenden Quartal, etwas mehr Mitarbeiter einzustellen.
Mehr als 90 Prozent der befragten Fach- und Führungskräften der Finanzbranche rechnen mit einer Rezession im kommenden Jahr. Mehr als die Hälfte rechnen mit einem (preisbereinigten) Rückgang des BIP in Deutschland von bis zu 2 Prozent. Mehr als 19 Prozent gehen sogar von einem noch stärkeren Rückgang der Wirtschaftsleistung aus.
Die Finanzbranche ist damit deutlich pessimistischer als die führenden Wirtschaftsinstitute, die in ihrem aktuellen Herbstgutachten lediglich ein leicht negatives Wachstum (-0,2 Prozent) für 2023 prognostizieren.
Inflation als längerfristiges Problem
Im September lag die Inflationsrate in Deutschland bei 10,0 Prozent, in der Eurozone bei 9,9 Prozent. Die EZB versucht die hohen Inflationsraten durch Zinserhöhungen zu bekämpfen. Gleichzeitig ist der Euro gegenüber dem US-Dollar auf Talfahrt und die Staatsverschuldung im Euroraum steigt.
Auch die Inflationserwartungen haben sich deutlich verschlechtert. 90 Prozent der Befragten glauben nicht, dass es gelingt, das mittelfristige Inflationsziel von 2 Prozent in den kommenden zwei Jahren zu erreichen.
55 Prozent der Befragten halten es sogar für wahrscheinlich oder sogar sehr wahrscheinlich, dass Europa eine ähnliche Staatsschuldenkrise wie in den Jahren ab 2010 erleben könnte.
Stabilität der Banken nicht in Gefahr
Eine Rezession hätte erhebliche Auswirkungen auf die Ertragslage der Banken. Dennoch sind 78 Prozent der Befragten der Auffassung, dass selbst in einer starken Rezession die Stabilität der deutschen Banken nicht gefährdet wäre. Die europäischen Banken seien in den vergangenen Jahren deutlich widerstandsfähiger geworden und könnten auch eine Rezession gut überstehen. Das würden auch aktuelle Stresstests durch die Bankenaufsicht bestätigen.
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