Finanzinstitute befinden sich inmitten einer digitalen Revolution, die durchaus disruptive Ausmaße annehmen kann. Im Rahmen einer kleinen Artikelserie nehmen Experten der wichtigsten Institute und Institutsgruppen Stellung zu diesem Trend. Lesen Sie heute das Statement von Željko Kaurin, COO/CIO der ING-DiBa AG.
Die Digitalisierung der Finanzdienstleistung und die daraus erwachsenden Herausforderungen für Banken und Sparkassen sind derzeit eines der beherrschenden Themen der Branche.
Um herauszufinden, wie hierzulande die wichtigsten Institute und Institutsgruppen diesen Trend einschätzen und ihm begegnen habe ich fünf Fragen formuliert und führende Vertreter des deutschen Bankwesens um ein Statement gebeten.
Fünf Antworten von Željko Kaurin, ING-DiBa
Lesen Sie nachfolgend die Ausführungen von Željko Kaurin, Generalbevollmächtigter und COO/CIO der ING-DiBa AG.
Bank Blog: Was bedeutet für Sie „Digitalisierung“ und worin sehen Sie für Ihr Institut die besonderen Chancen und Risiken?
Željko Kaurin: „Digitalisierung“ ist für uns ein vertrauter Begriff. Denn seit Jahren arbeiten wir daran, unsere Kunden-Services und internen Abläufe so effizient wie möglich zu gestalten. Und das geht nicht ohne die Digitalisierung von Daten und Dokumenten und den Ausbau der elektronischen Kundenkanäle. Als Direktbank profitieren wir deshalb von dieser Entwicklung. Denn je weiter die Technisierung des Bankgeschäftes voranschreitet, desto weniger Kunden wollen ihre Finanzangelegenheiten in einer Filiale mit beschränkten Öffnungszeiten erledigen. Die Filiale der Zukunft hat der Kunde jederzeit und überall in der Hosentasche dabei: das Smartphone.
Allerdings ist nicht alles, was neu und technisch machbar ist, auch sinnvoll. Deshalb steht bei allen Überlegungen eine Frage im Vordergrund: „Was nutzt es dem Kunden?“
Bank Blog: Welches sind die größten drei Herausforderungen für Ihr Institut?
Željko Kaurin: Eine große Herausforderung für die ING-DiBa und alle Marktteilnehmer ist die Geschwindigkeit, in der die technologische Entwicklung heute verläuft. Um damit Schritt halten zu können, müssen wir unsere internen Entwicklungsabläufe heute sehr viel agiler als früher gestalten.
Da heute niemand mehr genau sagen kann, wie die technische Banking-Welt in fünf Jahren aussehen wird, müssen wir viele Projekte gleichzeitig prüfen und entwickeln – und damit leben, dass vielleicht nur eine von zehn Service-Ideen wirklich die Marktreife erreichen wird. Was bei Technologieherstellern normal sein dürfte, ist für Banken eine neue Erfahrung.
Außerdem werden wir in unseren Angeboten immer abhängiger von den technischen Entwicklungen und Möglichkeiten, die unsere Kunden nutzen. Man kann zum Beispiel nicht einfach eine Gerätegeneration auslassen. Wird zum Beispiel die Apple Watch ein großer Erfolg, müssen unsere Services darüber verfügbar sein. Ansonsten könnten wir die Apple-Fans unter unseren Kunden verlieren.
Bank Blog: Derzeit entstehen zahlreiche sogenannte FinTech Startups, die insbesondere im Privatkundengeschäft versuchen, mit innovativen, kundenorientierten digitalen Angeboten den etablierten Banken Konkurrenz zu machen? Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus diesem Trend für Ihr Institut?
Željko Kaurin: Wir beobachten die Entwicklung in der FinTech-Szene sehr aufmerksam. Denn hier entstehen Technologien und Services, die zum Teil auch für uns und unsere Kunden interessant sein könnten. Und wenn ein Angebot gut ist und unseren Kunden das Banking erleichtert, haben wir auch kein Problem, mit einem FinTech-Unternehmen zu kooperieren. Wir tun das zum Beispiel schon bei der im letzten Jahr eingeführten Foto-Überweisung, die das lästige Eintippen von Überweisungsdaten überflüssig macht. Wir müssen nicht alles selbst erfinden.
Bank Blog: Den großen Internetunternehmen Amazon, Apple, Facebook und Google wird immer mal wieder ein Einstieg in den Bereich Finanzdienstleistung unterstellt. Im Zahlungsverkehr ist dieser ja bereits vollzogen. Wie beurteilen Sie diese neuen Wettbewerber und wie bereiten Sie sich darauf vor?
Željko Kaurin: Wenn Riesen wie Apple oder Google in unsere Märkte eindringen, dann darf man das natürlich nicht unterschätzen. Denn sie haben Hunderte Millionen Kunden, denen sie zusätzliche Services direkt anbieten können. Und dabei sollte man nicht davon ausgehen, dass die Finanz-Angebote allein auf den Zahlungsverkehr beschränkt bleiben. Für die ING-DiBa ist das aber ein Anreiz, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und unseren Kundenservice immer weiter zu verbessern. Wir stehen unseren Kunden schon heute an sieben Tagen rund um die Uhr mit persönlichen Ansprechpartnern zur Verfügung. Per Mobile-Banking lassen sich die finanziellen Alltagsgeschäfte überall von unterwegs aus erledigen – und das alles völlig kostenlos. Außerdem bieten wir nicht nur die Abwicklung des Zahlungsverkehrs an, sondern alles, was ein Kunde an Bankdienstleistungen im Leben braucht – vom Sparkonto und Wertpapiergeschäft bis zum Verbraucherkredit und der Baufinanzierung. Wir müssen uns da nicht verstecken. Und selbst wenn ein Kunde Angebote der Non-Banks nutzen sollte, heißt das noch lange nicht, dass er für uns damit verloren ist. Die Zeiten, in denen die meisten Menschen nur eine Bankverbindung bei einer Hausbank hatten, sind schon heute vorbei.
Bank Blog: Wieviel investiert Ihr Institut in den kommenden fünf Jahren in die Digitalisierung, wie groß sind dabei die Anteile für „Run the Bank“ und „Change the Bank“ und welche Bereiche sind die von Ihnen priorisierten?
Željko Kaurin: Wir kommunizieren keine finanziellen Daten zu internen Investitionsprojekten. Aber wir haben uns im Bereich der Digitalisierung ambitionierte Ziele gesetzt und um diese zu erreichen, werden wir natürlich auch entsprechend investieren.
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